Im Reiche des silbernen Löwen

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Im Reiche des silbernen Löwen ist ein vierbändiger Roman, der in den Jahren 1898 bis 1903 erschien und – wie man so sagt – den "Bruch" im Werk Karl Mays markiert.

Allgemeines zu Text und Textgeschichte[Bearbeiten]

Als sich im Frühherbst 1898 abzeichnete, dass der als "Jubiläumsband" XXV der Gesammelten Reiseerzählungen konzipierte Roman Am Jenseits auf keinen Fall mehr rechtzeitig für das gewinnträchtige Weihnachtsgeschäft zur Verfügung stehen würde, sollte die soeben in den letzten beiden Jahrgängen des Deutschen Hausschatzes veröffentlichte Reiseerzählung Im Reiche des silbernen Löwen die Lücke füllen. Fehsenfelds Vorschlag, die beiden geplanten Bände in die fortlaufende Numerierung einzuordnen und damit als Band XXV/XXVI an "Weihnacht!" (Bd. XXIV) anzuschließen, wurde von May abgelehnt.

Am 19. November 1898 erschien im Verlag Friedrich Ernst Fehsenfeld als Band 26 von Karl May's Gesammelten Reiseerzählungen der erste Band von Im Reiche des silbernen Löwen. Der zweite Band folgte Mitte Dezember 1898. Band III wurde erst am 9. August 1902 (nach der Orientreise) veröffentlicht. Am 1. Oktober 1903 erschien dann die Buch-Erstausgabe von Band IV. Der Silberlöwe-Zyklus war abgeschlossen.

Die einzelnen Textteile der ersten beiden Bände entstanden in den Jahren 1893 bis 1898 und stehen für unterschiedliche Entwicklungsstufen Mays Schreibweise. Das erste Drittel von Band I übernahm May aus seiner im Deutschen Hausschatz veröffentlichten Erzählung Im Reiche des silbernen Löwen. Die Überschrift der Ersten Abteilung lautete Die Rose von Schiras und beschrieb die Erlebnisse Old Shatterhands unmittelbar nach dem Tode Winnetous.

Bald nach dem Beginn des dritten Kapitels von Band I unterbrach May den Hausschatz-Text und fügte für die Buchausgabe eine Erzählung ein, die bereits 1895 entstanden und unter dem Titel Scheba et Thar im Regensburger Marienkalender 1898 erschienen war. Die Übersetzung des Titels gab dem Kapitel die Überschrift: Der "Löwe der Blutrache".

Mit dem vierten Kapitel übernahm May wieder den Hausschatz-Text aus dem 24. Jahrgang des Blattes (1897/98), der dort unter dem Titel Im Reiche des silbernen Löwen – Am Turm zu Babel erschienen war. Mit diesem umfangreichen Text konnte er nun den ersten Band abschließen und den zweiten bis zur Seite 452 füllen. Die Fehsenfeld-Bände umfassten aber mehr als 600 Seiten. Also arbeitete May die Erzählung Die "Umm ed Dschamahl", die er wiederum für den Regensburger Marienkalender geschrieben hatte, um und fügte das Ergebnis als sechstes Kapitel Ein Rätsel an. Damit erreicht der zweite Band des Silberlöwen die erforderliche Seitenzahl.

Das erste Kapitel des dritten Bandes (In Basra) war noch im Stil der abenteuerlichen Reiseerzählungen geschrieben. Es stammte auch noch aus der Zeit vor der Orientreise und war ursprünglich für den Deutschen Hausschatz bestimmt, die Zeitschrift, in der May den Hauptteil des bisherigen Silberlöwe-Textes vor der Buchausgabe veröffentlicht hatte. Mittlerweile war es aber zum Bruch mit der Zeitschrift gekommen, May forderte das noch nicht gedruckte Manuskript (Der Löwe von Farsistan sollte es ursprünglich heißen) zurück und erhielt es im Juli 1901.

Einen Vorabdruck des zweiten und der ersten Hälfte des dritten Kapitels hatte es unter dem Titel Am Tode zwischen 15. Februar und 30. April 1902 in der Zeitschrift Rhein- und Mosel-Bote gegeben.

Plan[Bearbeiten]

Ein Notizblatt Mays (1893)[1] zur Handlung des Silberlöwen entwirft nach der Einleitung (Dschafar-Episode) im Cap.l. Am Euphrat den Reiseverlauf: von Basra per Schiff nach Abu Schehr in Persien [...] und dann nach Schiras. Außer der Angabe der vorgesehenen Route nach Persien enthalten die Notizen ein Handlungselement und vier Personenangaben:

Abd el Kadey (von May gestrichen) Kahir, der berühmte Scheik der Muntefikaraber/Allan Forster. Kam von Bombay. Sein Vater = Richard. / Neuer Raubmord gestern./ Der alte Mebruk (Heilige).

Die Personen verweisen auf verschiedene Werke: Der alte Mebruk (= der heilige Mübarek) auf den Orientzyklus, der Name des Vaters Richard Forster auf die Teilerzählung Der Pfahlmann in Die Rose von Kaïrwan (1894 erschienen) und Scheik Kahir auf die Marienkalendergeschichte Blutrache. Alle drei Texte bearbeitete bzw. schrieb May 1892/93.
Von diesen Stichpunkten wurde letztlich nichts als Handlungselement in den Silberlöwen-Roman übernommen.

Ausgaben[Bearbeiten]

Vorläufer[Bearbeiten]

Hausschatz-Fassung:

  • Im Reiche des silbernen Löwen. Erste Abtheilung. Die Rose von Schiras. Einleitung. (Nr. 22, Februar 1897 – Nr. 40, Juli 1897)
  • Im Reiche des silbernen Löwen (Reiseerzählung von Karl May) (Nr. 7, November 1897 – Nr. 52, September 1898)

Einzelerzählungen:

Buchausgabe[Bearbeiten]

siehe
Im Reiche des silbernen Löwen I
Im Reiche des silbernen Löwen II
Im Reiche des silbernen Löwen III
Im Reiche des silbernen Löwen IV

spätere Ausgaben[Bearbeiten]

Nach dem Tod Karl Mays 1912 wurden die Silberlöwe-Bände im neu gegründeten Karl-May-Verlag (KMV) vorerst unverändert weiter ediert. Ab 1922 erschien dann eine gekürzte Fassung des ersten Bandes mit neuer Kapiteleinteilung, die anderen Bände blieben bis auf Rechtschreibungsanpassung von Bearbeitungen verschont. Ein umfassendes Bearbeitungskonzept lag allerdings schon in den 1920er Jahren vor, kam aber erst nach dem Zweiten Weltkrieg zur Ausführung: Die beiden ersten Bände erhielten die Titel Der Löwe der Blutrache (in der österreichischen Lizenzausgabe "Im Banne der Rache" mit teilweise anderem Text) und Bei den Trümmern von Babylon. Im Babylon-Band vereinigte der KMV die bisher auf beide Bände verteilte Haupthandlung, die von May eingestreuten Einzelerzählungen wurden im Blutrache-Band zusammengefasst. Band III und IV erhielten die Titel Im Reiche des silbernen Löwen und Das versteinerte Gebet sowie den Reihentitel Die Schatten des Ahriman. Diese Bearbeitung ist inzwischen weitgehend wieder auf das Originalkonzept zurückgeführt worden.

Verfilmungen[Bearbeiten]

Im Film Der Löwe von Babylon wird die Schmugglergeschichte um den Säfir und die Geschichte der Familie Dozorcas erzählt.

Der Film Im Reiche des silbernen Löwen hat nur den Titel mit dem Roman gemeinsam.

Vertonungen[Bearbeiten]

Sowohl Europa als auch Maritim haben Teile des Silberlöwen vertont, allerdings beide nur das erste Kapitel des ersten Bandes (Dschafar-Episode).

Sonstiges[Bearbeiten]

  • Die 449 Manuskriptseiten lange Einleitung (Dschafar- oder To-kei-chun-Episode) in Im Reiche des silbernen Löwen I (Erster Teil: Die Rose von Schiras. Einleitung.) wurde bereits im Jahre 1893 verfasst und lag vier Jahre in Karl Mays Schublade bzw. in der von Heinrich Keiter, dem Redakteur des Deutschen Hausschatzes]].[2][3] Ursprünglich von Karl May als Schlusskapitel zu Winnetou III vorgesehen (daher auch trotz des orientalischen Titels im Wilden Westen spielend), hatte der Autor sich anders entschieden und das letzte Kapitel für die Winnetou-Trilogie völlig neu geschrieben.[4]
  • Nach Mays Scheidung von seiner ersten Frau Emma (1903) nahm der Autor Korrekturen an Band I und II der Silberlöwen-Buchausgabe vor. May änderte den Namen der Ehefrau des Ich-Erzählers, der bisher Emmeh lautete, in Dschanneh (Auf Seite 40 von Band II ist Emmeh versehentlich viermal stehen geblieben).
  • Heinz Grill schrieb eine Fortsetzung der Silberlöwenbände I und II unter dem Titel Die Schatten des Schah-in-Schah.

Anmerkungen[Bearbeiten]

  1. Ulrich Schmid: Das Werk Karl Mays 1895-1905, Fn. 22.
  2. Roland Schmid: Anhang zum Reprint "Am Jenseits", S. N26.
  3. Karl-May-Chronik I, S. 460.
  4. Schlussfolgerung von Roland Schmid: Anhang zum Reprint "Am Jenseits", S. N27 ff.

Literatur[Bearbeiten]

  • Roland Schmid: Anhang zum Reprint "Am Jenseits"
  • Ulrich Schmid: Das Werk Karl Mays 1895-1905. Erzählstrukturen und editorischer Befund. Materialien zur Karl-May-Forschung Band 12. KMG-Presse Ubstadt, 1989. (Onlinefassung)
  • Dieter Sudhoff/Hartmut Vollmer: Karl Mays "Im Reiche des silbernen Löwen". Karl-May-Studien 2, 1993.
    • Adolf Droop: Karl May. Eine Analyse seiner Reise-Erzählungen
    • Arno Schmidt: Vom neuen Großmystiker
    • Hans Wollschläger: Erste Annäherung an den 'Silbernen Löwen'. Zur Symbolik und Entstehung
    • Walther Ilmer: Mißglückte Reise nach Persien. Gedanken zum 'großen Umbruch' im Werk Karl Mays
    • Ulrich Melk: Vom klassischen Reiseroman zum mythisch-allegorischen Spätwerk. Kontinuität und Wandel narrativer Strukturen in Karl Mays 'Silberlöwen'-Tetralogie
    • Wolfram Ellwanger: Begegnung mit dem Symbol. Gedanken zu Karl Mays 'Im Reiche des silbernen Löwen IV'
    • Ulrich Schmid: Die verborgene Schrift. Karl Mays Varianten zum 'Silberlöwen III/IV'
    • Jürgen Hahn: Sprache als Inhalt. Zur Phänomenologie des 'alabasternen Stiles' in Karl Mays Roman 'Im Reiche des silbernen Löwen'. Ein Entwurf
    • Volker Krischel: "Wir wollen nicht Herren über euren Glauben sein, sondern Helfer zu eurer Freude". Anmerkungen zu Karl Mays Religionskritik im 'Silberlöwen III/IV'
    • Christoph F. Lorenz: "Das ist der Baum El Dscharanil". Gleichnisse, Märchen und Träume in Karl Mays 'Im Reiche des silbernen Löwen III und IV'
    • Dieter Sudhoff: Karl Mays Großer Traum. Erneute Annäherung an den 'Silbernen Löwen'
    • Hansotto Hatzig: Die Frauen im Reiche des silbernen Löwen. Lesenotizen und Impressionen
    • Franz Hofmann: Höllensturz und Verklärung. Der Handlungsabschluß im 'Silberlöwen' als Paradigma für die Alterswerke Karl Mays
  • Joachim Kalka: Im Reiche des silbernen Löwen. In: Gert Ueding (Hrsg.): Karl-May-Handbuch. Verlag Königshausen & Neumann Würzburg 2001, S. 236–249. ISBN 3-8260-1813-3
  • Rolf Dernen: Aus der Werkstatt eines Erfolgsschriftstellers, Teile VI und VII.

Weblinks[Bearbeiten]

  • Der Text der Zeitschriftenfassung online auf den Seiten der Karl-May-Gesellschaft.
  • Der Text der Buchfassung online auf den Seiten der Karl-May-Gesellschaft.