Babel und Bibel

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Handelnde Personen in
Babel und Bibel

Abu Kital, Scheik der An'allah (Gottgleichen), Mann von Bent'ullah
Bent'ullah, Frau von Abu Kital, Mutter von Ben Tesalah
Imam, verkörpert bei den An'allah den 'heiligen Glauben'
Ben Tesalah, Sohn Abu Kitals und Bent'ullahs, Scheik der Kiram (Edelmenschen)
Kadi, verkörpert das 'Heilige islamische Recht' bei den An'allah
Babel, Wissenschaftler am Turm zu Babel, Vater Schefakas
Vorbeter und Bote der An'allah
Marah Durimeh, die Menschheitsseele
Hakawati, der alte Märchenerzähler, vertritt die 'heilige Sage'
Schefaka, Tochter von Babel, Liebling Abu Kitals


Handlungsorte

Am Turm von Babylon
Kerbela (nur erwähnt)

Titelblatt

In den Jahren 1904 bis 1906 schrieb Karl May sein einziges vollendetes Drama mit dem Titel Babel und Bibel. Arabische Fantasia in zwei Akten. Es handelt sich um einen Zweiakter mit jeweils genau 1.000 Versen pro Akt. Seine Erwartung einer begeisterten Aufnahme dieses Dramas durch seine Leser wurde enttäuscht.

Inhalt[Bearbeiten]

Abu Kital, ein Gewaltmensch, regiert despotisch seinen Stamm, die An'allah. Seine Lehrer sind Babel, ein verknöcherter Wissenschaftler, der Kadi und der Imam (das Recht und der [selbstgerechte] Glaube). Unter dem Einfluss dieser Lehrer hat Abu Kital vor Jahren seine geliebte Frau Bent'ullah und seinen kleinen Sohn verstoßen und hält sie (von seinen Lehrern getäuscht) für tot. Sich selber hält er unter ihrem Einfluss für den Geist des Morgenlandes; deshalb hat er Marah Durimeh, die Menschheitsseele, zu einem Schachspiel mit lebenden Figuren herausgefordert. Er will sie, seine Erzfeindin, bei dieser Gelegenheit gefangennehmen und so den An'allah die Weltherrschaft gewinnen und abendländisch-christliche Einflüsse unterdrücken. Seine Verbündeten sind acht Scheiks benachbarter Stämme, sowie die Phantasie und der Scheik der Todeskarawane. Die beiden letzteren sind jedoch (verkleidet) Marah Durimeh und Ben Tesalah.

Als Abu Kital durch ein Schattenspiel, das die Phantasie aufführt, erfährt, dass seine Frau und sein Sohn leben und er nur durch die Intrigen des Kadi und des Imam an ihren Tod glaubte, ist er so erschüttert, dass er sich innerlich von diesen Lehrern distanziert. Dann scheitern seine kriegerischen Pläne und er unterliegt in einem Duell dem Scheik der Todeskarawane. So wird seine Überheblichkeit gebrochen. Da jedoch seine Gegner nicht seinen Untergang, sondern den Frieden wollen, wird er nur zum Eingeständnis seiner Schuld gezwungen. Als nun seine Frau in alter Schönheit wieder erscheint und er erfährt, dass der Scheik der Todeskarawane sein Sohn ist, ist er bereit, seine alte Gesinnung aufzugeben, den "Geist der Bibel" zu befreien, den Weltherrschaftsplänen zu entsagen und stattdessen nach Märdistan, in die Geisterschmiede von Kulub zu gehen, wo er zum Edelmenschen geformt werden soll.

Der Kadi und der Imam wollen fliehen, werden jedoch gefangen genommen und Bent'ullah ausgeliefert. Diese verzeiht ihnen. Babel, der erkennt, dass sein Verständnis von Geist und Seele völlig falsch war, wirft seine Schriften ins Feuer. Marah Durimeh erklärt sich bereit, ihm "die Erde aus der Höhe" zu zeigen, damit er erkenne, aus welcher Perspektive Wissenschaft getrieben werden müsse.

Karl Mays Deutung[Bearbeiten]

Am 26. September 1906 schrieb Karl May an Prinzessin Marie Therese von Bayern:

Mit der soeben in Druck erschienenen arabischen Fantasia "Babel und Bibel" beginne ich eine Reihe von Dramen, welche zeigen sollen, in welcher Weise die Kunst zwischen Religion und Wissenschaft zu vermitteln hat. Ich will in diesen Dramen die heilige Macht des Glaubens, die Unwiderstehlichkeit des wahren Gottvertrauens, die Forderungen der edlen Menschlichkeit und die Möglichkeit eines vernunftgemäßen Völkerfriedens zur lebenden Gestaltung bringen. Und in Hinblick auf die höchste Aktuellität des gegenwärtigen Augenblickes soll veranschaulicht werden, auf welche Weise die friedliche Versöhnung des Morgenlandes mit dem Abendlande und also die Lösung dieser brennendsten Frage unserer Zeit zu ermöglichen ist. [...] Wir verzichten auf jeden niedrigen Stoff und jeden niedrigen Klang. Unser Streben ist ein rein menschliches. Wir fühlen uns in religiöser Beziehung als Laien und hüten uns also, überhaupt in kirchliche Fragen einzugreifen. Aber grad dieser rein menschliche Standpunkt ermöglicht es uns, die Notwendigkeit wahrer und inniger Religiosität entschieden betonen zu können, ohne dem Verdachte dunkler Gründe zu verfallen. Denn die Religiosität liegt eben im tiefsten, innersten Wesen des Menschen. Wir fußen vor allen Dingen auf der unumstößlichen Wahrheit, daß man ein guter Mensch sein muß, um denken zu dürfen, man sei ein guter Christ. Indem wir auf diese Weise das "rein Menschliche" zu veredeln suchen, bereiten wir die Wege vor, auf denen dann der christliche Priester die höhere Führung zu übernehmen hat. Nicht uns, sondern ihm allein steht es zu, sich mit den innern Fragen der Kirche zu befassen. Die Kunst, nach der wir streben, ist also eine entschieden christliche Kunst, die ihre Zwecke nur auf dem Wege des Gesetzes, der Gerechtigkeit und der Humanität zu verfolgen trachtet. Sie ist nicht so kurzsichtig, hierbei nur auf die engen, heimischen Verhältnisse zu schauen. Sie richtet ihr Augenmerk auch auf die internationalen Interessen, welche uns beherrschen, und davor allen Dingen hat sie zu betonen, daß der Gewaltmensch sich zum Edelmenschen gestalten und der unchristliche Rassenkampf einer menschenwürdigeren Ordnung entgegengeführt werden möge.[1]

Zu Mays Deutung siehe auch: Skizze zu "Babel und Bibel".

Sonstiges[Bearbeiten]

Karl May hat zunächst auf kaum ein anderes Werk so viele Hoffnungen gesetzt. Darauf deuten etliche verschiedene Fassungen einzelner Szenen sowie Briefe an Friedrich Ernst Fehsenfeld und Sascha Schneider hin. Außerdem wurde 1907 mit Abu Kital, der Scheik der An'allah eine Reiseerzählung angekündigt, die mit der Handlung von Babel und Bibel zusammenzuhängen scheint.

May selbst verschickte die Buchausgabe des Dramas ab August 1906 als Widmungsexemplar an verschiedene Freunde, Bekannte und ausgewählte Persönlichkeiten; u.a. an Sascha Schneider, Karl Lamprecht, Maximilian von Witzleben, Leopold Gheri, Hermann Bahr, Rudolf Presber, Friedrich Lienhard, Berthold Litzmann, Carl Eser und Bertha von Suttner.

Eine im Juli 1908 in der Zeitschrift Die Volksbühne erschienene – durchaus positive – Rezension wurde in der Sekundärliteratur bislang Expeditus Schmidt zugeschrieben. Wolfgang Sämmer hält es für wahrscheinlicher, dass diese Besprechung von Hermann Dimmler stammt. Dieser war Mitbegründer der Volksbühne.[2]

Buchausgaben[Bearbeiten]

Im Rahmen der Gesammelten Werke des Karl-May-Verlages wurde das Drama (bearbeitet) in Band 49 Lichte Höhen veröffentlicht.
Seit 1998 enthält dieser Band nun auch wieder die unbearbeitete Fassung des Dramas.
Fragmente und andere Fassungen von Babel und Bibel findet man in Band 81 Abdahn Effendi.

Alle aktuellen Ausgaben => siehe Bücherdatenbank.

Übersetzung[Bearbeiten]

2012 erschien mit dem italienischen "Alla torre di Babele" im Verlag Bonanno Editore wohl erstmals überhaupt eine Übersetzung von "Babel und Bibel" in eine Fremdsprache.

Quellen[Bearbeiten]

Aufführungen[Bearbeiten]

Das Drama wurde erstmalig komplett am 21. Juni 2005 in Hachenburg im Westerwald im Rahmen einer Schulaufführung unter der Regie von Peter Wayand uraufgeführt, nachdem vorher allenfalls szenische (Teil-)Lesungen stattgefunden hatten.

Eine angekündigte Aufführung im Rahmen der Schacholympiade 2008 in Dresden kam nicht zustande.

Hörspielfassung[Bearbeiten]

PuzzleCat Entertainment veröffentlichte am 21. August 2017 und am 21. September 2017 eine zweiteilige Hörspielfassung des Dramas mit den Titeln Teil 1: Das Schattenspiel und Teil 2: Das Schachspiel unter der Regie von Peter Wayand kostenlos im Internet. Bei dieser Fassung handelt es sich um den ungekürzten Originaltext mit verbindenden Erzähltexten.

Anmerkungen[Bearbeiten]

  1. An Prinzessin Marie Therese von Bayern, 26. September 1906. In: Christoph F. Lorenz (Hrsg.): Zwischen Himmel und Hölle. Karl May und die Religion. Karl-May-Verlag BambergRadebeul, 2. Auflage 2013, S. 502 f.
  2. Sämmer: Karl May als Dramatiker, S. 44.

Literatur[Bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten]