Dichterwunsch (Gedicht)
Dichterwunsch, später auch Letzter Wunsch genannt, ist ein Gedicht von Karl May.
Inhaltsverzeichnis
Text[Bearbeiten]
- Dichterwunsch.
- Hat meine Stunde einst geschlagen,
- Die ernsteste, die es wohl giebt,
- So soll kein Herze um mich klagen,
- Und wenn es noch so sehr mich liebt.
- Ich habe mich dann durchgerungen
- Und werf das enge Kleid von mir,
- Hab meine Seele freigesungen,
- Geh heim, doch noch nicht fort von hier.
- Es lag in mir ein doppelt Leben;
- Das eine kennt die Erde nicht;
- Das andre hab ich euch gegeben;
- Es wurde für euch zum Gedicht.
- Macht dieses Leben euch zu Eigen;
- Denkt und empfindet euch hinein,
- So werde ich die Hand euch reichen
- Und niemals ferne von euch sein.
- Drum trauert nicht, wenn mir die Stunde,
- Die mich zum Vater ruft, einst schlägt.
- Sie bringt mir ja die frohe Kunde,
- Nach der mein Herz Verlangen trägt.
- Ihr Ernst wird mir die Wangen bleichen,
- Doch wenn ihr um mich steht und bebt,
- So wird sich auch mein Glaube zeigen:
- "Ich weiß, daß mein Erlöser lebt."
- Dann, wenn ihr seht, daß ich geschieden,
- Daß ich, man sagt, gestorben bin,
- So stört mir nicht den Himmelsfrieden,
- Begrabt mich nur nach meinem Sinn.
- Auch todt will ich die Hände halten
- So fromm, wie ihr es täglich seht.
- Ich bitte euch, sie mir zu falten,
- Als läge still ich im Gebet.
- Legt eine einzge, kleine Blume
- Mir auf die eingesunkne Brust.
- Ihr wißt, ich hielt nichts von dem Ruhme,
- Ich war der Fehler mir bewußt.
- Tragt mich hinaus, nicht mit Gepränge;
- Es ist des Sünders letzter Gang.
- Vermeidet prahlerische Klänge;
- Wählt einen ernsten Bußgesang.
- Dann sollt ihr in das Grab mich legen,
- Die Handvoll Erde mit hinein,
- Und eines Priesters Gottessegen,
- Der soll und wird mein Helfer sein.
- Ein Denkmal ist euch streng verboten,
- Doch sei der Hügel grün berankt.
- Mit Erz und Stein dankt man den Todten;
- Ich weiß, daß ihr mir besser dankt.
- Ich will ja nicht von hinnen scheiden,
- Und ihr, ihr laßt mich auch nicht fort;
- Der Tod wird zwar mich anders kleiden,
- Doch wechsele ich nicht den Ort.
- Den Körper trägt man wohl zu Grabe,
- Den Menschen und den Dichter nicht.
- Der Eine sei euch Himmelsgabe;
- Der Andre bleib euch – – kein Gedicht![1]
Textgeschichte[Bearbeiten]
Am 18. Dezember 1900 erschien ein Gedichtband Mays mit dem Titel Himmelsgedanken im Verlag Friedrich Ernst Fehsenfeld.[2] In dieser Ausgabe ist das Gedicht auf den Seiten 236 bis 239 enthalten. Der auf der folgenden Seite abgedruckte Aphorismus lautet:
- Viele Menschen setzen nur deshalb die Worte Kraft, Natur, All etc. etc. für Gott, um sich der persönlichen Verehrung und Verantwortung zu entheben.[3]
aktuelle Ausgaben[Bearbeiten]
- Karl May: Himmelsgedanken. Gedichte. Union Verlag Berlin [Ost] 1988, S. 118–120. ISBN 3-372-00103-6 [Neusatz]
- Karl May: Himmelsgedanken. In: Karl May: Lichte Höhen. Lyrik und Drama. Karl-May-Verlag Bamberg–Radebeul 1998, S. 170–173. ISBN 3-7802-0049-X [modernisierter Neusatz]
- Karl May: Himmelsgedanken. Gedichte. Books on Demand GmbH Norderstedt 2005, S. 236–239. ISBN 3-8334-2518-0 [Reprint]
Anmerkungen[Bearbeiten]
- ↑ Karl May: Himmelsgedanken, S. 236–239.
- ↑ Hainer Plaul/Gerhard Klußmeier: Illustrierte Karl-May-Bibliographie, S. 244.
- ↑ Karl May: Himmelsgedanken, S. 240.
Weblinks[Bearbeiten]
- Der Text auf den Seiten der Karl-May-Gesellschaft.
- Der Text bei zeno.org.
- Der Eintrag Himmelsgedanken in der Bücherdatenbank.
- Der Eintrag bei himmelsgedanken.npage.de.
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