Moritz Lilie
Eduard Moritz Lilie, Pseudonyme: M. L. von Chemnitz, Moritz Rose (* 24. Januar 1835; † 11. August 1904 in Hildburghausen), war ein Schriftsteller und Redakteur sowie 1890/91 ein Nachbar und Kegelbruder von Karl May.
Inhaltsverzeichnis
Leben[Bearbeiten]
Moritz Lilie stammte aus Chemnitz und verbrachte seine Kindheit in Oederan im Erzgebirge, wo sein Großvater Gottlieb Daniel Staberoh (von Beruf Töpfermeister) als Literat und Redakteur tätig war.
1856 kam Lilie als Buchhändler nach Leipzig. Er studierte Volkswirtschaft. 1872 heiratete er Alwine Pauline Louise Seifert. Sie bekamen zwei Söhne, Wilhelm Moritz Walter (1876-1924) und Moritz Carl Georg Lilie (*1873 in Leipzig), die beide Kunstmaler wurden.
1873 übernahm er für zwei Jahre die Redaktion der von Hans Wachenhusen gegründeten Zeitschrift Der Hausfreund und redigierte 1876 – im Wechsel mit Otto Freitag – den zweiten Jahrgang von dessen Neue Sonntags-Post. Blätter zur Unterhaltung am häuslichen Herde, Verlag von C. Weineck, Dresden, Druck von T. Moritz Hofmann.[1] Außerdem betreute er für denselben Verlag die seit 1876 erscheinende Zeitschrift Der Wochenbote.
Im Jahr 1876 zog er nach Dresden und 1880 nach Kötzschenbroda, wo er die Redaktion der Kötzschenbrodaer Zeitung übernahm. Wenig später (vor 1883) übersiedelte er nach Niederlößnitz, Gradsteg 8.
Für seine neue Heimat engagierte Lilie sich sehr und verfasste u. a. eine Chronik der Lößnitz-Ortschaften sowie einen Reiseführer für Touristen, herausgegeben vom Verschönerungsverein für die Lößnitz. Lilie war im Niederlößnitzer Gemeinderat und bewarb sich 1892 erfolglos für das Amt des Gemeindevorstands. Innerhalb der Region zog er jedoch häufig um, was Hainer Plaul auf eine angespannte finanzielle Situation zurückführt.[2]
Um dieser Not abzuhelfen, wandte sich Lilie auch an May. Dieser unterstützte
- einen armen Schriftsteller Namens Lilie [...] einige Jahre lang [...] ohne daß ich andere Leute Etwas davon merken ließ.[3]
1897 zog Familie Lilie nach Hildburghausen um, wo Lilie wieder als Redakteur arbeitete. 1904 starb er dort.
Moritz Lilie und Karl May[Bearbeiten]
May kannte den Münchmeyer-Konkurrenten Moritz Lilie möglicherweise bereits aus der Zeit seiner Tätigkeit als Redakteur bei Münchmeyer (März 1875 bis März 1877). Hainer Plaul zweifelt das jedoch an, da es keine Belege dafür gibt und da der Zufall schon eine sehr große Rolle gespielt haben müsste. Er datiert den Beginn der Bekanntschaft auf etwa 1888, als auch May sich in Kötzschenbroda niederließ.[4]
In der Sekundärliteratur wird davon gesprochen, dass Lilie und May Stammtisch- und Kegelbrüder gewesen seien. Dazu gab es wohl häufige gemeinsame Wanderungen und Ausflüge. Möglicherweise war es Mays Fürbitte, die Lilie Kontakte zum Deutschen Hausschatz ermöglichte. Ab 1888/89 (bis 1892) sind Publikationen Lilies dort nachgewiesen.
Um 1892 muss es zum Bruch gekommen sein. May berichtet, dass Lilie auf Mays Unterstützung bei der Begleichung einer Ehrenschuld angewiesen gewesen wäre und Emma May die Zahlung verweigerte.
- Es kam zwischen ihm und ihr zu einer höchst aufgeregten Szene, deren Folgen dann nur ich zu tragen hatte.[5]
Diese Darstellung wird von Hainer Plaul bezweifelt: Da Lilie Ende März 1892 beim Amtsgericht Dresden ein Strafverfahren wegen Beleidigung gegen Karl May (nicht etwa gegen Emma) anstrengte, geht Plaul davon aus, dass auch May ihn – womöglich vor Zeugen – beleidigte. Lilie zog den Antrag jedoch nach einer Ehrenerklärung Mays zurück, der schriftlich erklärte, die Beleidigungen seien "wider besseren Wissens" erfolgt.[6][7]
Nach Mays Aussage jedoch kam es bald danach zur Rache des ehemaligen Freundes:
- [Er] ... war Derjenige, der Herrn Adalbert Fischer verführte, meine Werke von Pauline Münchmeyer zu kaufen.[8]
Hainer Plaul bezweifelt auch dies, da sich Lilie und Adalbert Fischer nicht gekannt haben dürften.
Gleichzeitig befreit Plaul Lilie auch von dem Verdacht, dem Deutschen Hausschatz Zuträger gewesen zu sein, was die Identität ihres Hausautoren mit dem Verfasser der Kolportageromane angeht. Dieser Vorwurf stammt nicht von May selbst, wurde aber in der Sekundärliteratur häufig wiederholt.
Dabei geht es um eine Anfrage, die 1894 unter dem Kürzel "H. M." im Leserbriefkasten des Deutschen Hausschatzes erschien:
- Ist einem von den geehrten Lesern bekannt, von wem der Roman 'Deutsche Herzen, Deutsche Helden' geschrieben ist? Von demselben Verfasser soll auch 'Waldröschen' und 'Der Fürst des Elends' stammen.
Dazu Walther Ilmer:
- Nach den Feststellungen Klaus Hoffmanns wußte Lilie um Mays Autorschaft der vier Kolportage-Romane [...] Seit jenem Zwist wegen der Ehrenschuld herrschte Gegnerschaft. Karl May sah in Moritz Lilie einen Neider. Nach den Ermittlungen von Klaus Hoffmann bezog sich Karl May noch im Jahre 1905 – nach Lilies Tode – im wesentlichen auf diesen, als er schrieb: Hier, in der Lössnitz, begann die Herausgabe meiner Spemannschen und Fehsenfeldschen Bände, welche den Zweck haben, die Vorstudien zu meinen eigentlichen, späteren Arbeiten unter den deutschen Lesern zu verbreiten und diesen eigentlichen Arbeiten den Boden vorzubereiten. Der fast beispiellose Erfolg dieser Bücher ist bekannt; ihm steht ein fast ebenso beispielloser, feindseliger Neid meiner Herren "Kollegen" zur Seite. Jeder, der da irgend etwas geschrieben hat, was keine Leser findet, hält es für seine Pflicht, mich glühend zu hassen und unversöhnlich zu verfolgen. Ich sehe mich gezwungen, diesen Umstand zu erwähnen, weil er in Beziehung auf die Münchmeyerschen Machinationen von hervorragender Bedeutung ist.[9]
1906 vermittelte Johannes Dederle Karl May die Adresse der Witwe Moritz Lilies.
Veröffentlichungen (Auswahl)[Bearbeiten]
- Deutsche Dudelsacklieder. Humoristische Zeitgedichte. 1870
- Die Wallfahrt nach Lourdes. Humoristisch-satirisches Epos. 1875
- Der neue Münchhausen. 1876
- Aus engen Mauern. 1876
- Aus sonnigen Tagen. Lustige Geschichten. 1878
- Schloss Weidenbach. 1881
- Die Lößnitz bei Dresden und ihre Umgebung. In geschichtlicher, topographischer und touristischer Beziehung geschildert von Moritz Lilie. Hrsg. vom Verschönerungs-Verein für die Lößnitz und Umgebung. Dresden o. J. (1882)
- Das Geschenk des Kaisers
- Auf Umwegen, 1884.
- Um die Herrschaft
- Der blutige Pantoffel an der Kirchhofsmauer oder das vergiftete Dreierbrötchen: Große historisch-romant. Tragödie in 5 Abwickelungen / von M. L. v. Chemnitz (Komische Tragödie). 1885
- Unsere Thierwelt und der Aberglaube, 1885.
- Das Fischermädchen von Genua (1885, Novelle)
- Um eine Krone, 1887.
- Um hohen Preis, 1888.
- Spiritus und Seifenschaum. Komisches Drama. 1888
- Der Müller und der Zar, 1889.
- Im Banne des Schicksals. 1891.
- Das sächsische Nizza. 1892.
- Eines Dichters Weihnahctsabend, 1893.
- Chronik der Lößnitz-Ortschaften Kötzschenbroda, Niederlößnitz, Radebeul.... Niederlößnitz 1893
- Der blutige Pantoffel an der Kirchhofsmauer. Bloch, 4. Auflage, Berlin 1920 (ursprünglich 1885)
- Ein Märtyrer der Wissenschaft, 1894.
- Spiritistische Studien, 1895.
- Die Liebespoesie in der alten Provence, 1896.
- Im kleinen Horn, 1897.
- Auf schwierigem Boden, 1897.
- Auf dem deutschen Parnaß, 1897.
- Fürst Blücher und die Sächsische Garde, 1898.
- Ein ungelöstes Räthsel, 1898.
- Die Schützengilden in Sachsen und die Dresdner Vogelwiesen, 1898.
- Das sächsische Ständehaus zu Dresden, 1900.
- Nun danket alle Gott!, 1903.
- Aus stürmischer Zeit, 1903.
- Entlarvt, 1905.
- Der Müller von Heide: Geschichtl. Erzählung aus Schleswigs Vergangenheit; In vereinf. deutscher Stenographic System Stolze-Schrey. - Franz Schulze, Stenogr. Verlag, Berlin 1921
Die Jahreszahlen beziehen sich auf eine nachgewiesene Veröffentlichung. Es ist nicht zwingend die Erstveröffentlichung.
Anmerkungen[Bearbeiten]
- ↑ Otto Freitag betreute die Nummern 1-4, 9-17, 19/20, 23-36 und Moritz Lilie die Nummern 5-8, 18, 21/22, 37-52.
- ↑ H. Plaul: Über Moritz Lilie und seine Bekanntschaft mit Karl May, S. 49.
- ↑ K. May: Frau Pollmer.
- ↑ H. Plaul: Über Moritz Lilie und seine Bekanntschaft mit Karl May, S. 50.
- ↑ K. May: Frau Pollmer.
- ↑ G. Klußmeier: Die Gerichtsakten zu Prozessen Karl Mays im Staatsarchiv Dresden, S. 140.
- ↑ Karl-May-Chronik I, S. 423.
- ↑ K. May: Frau Pollmer.
- ↑ W. Ilmer: Karl Mays Weihnachten in Karl Mays "Weihnacht!" III – Eine Spurenlese auf der Suche nach Fährten.
Literatur[Bearbeiten]
- Karl May: Frau Pollmer, eine psychologische Studie (Manuskript 1907).
- Karl May: Ein Schundverlag.
- Gerhard Klußmeier: Die Gerichtsakten zu Prozessen Karl Mays im Staatsarchiv Dresden. Mit einer juristischen Nachbemerkung von Claus Roxin (I). In: Jahrbuch der Karl-May-Gesellschaft (Jb-KMG) 1980, S. 137–174. (Onlinefassung).
- Walther Ilmer: Karl Mays Weihnachten in Karl Mays "Weihnacht!" III – Eine Spurenlese auf der Suche nach Fährten. In: Jb-KMG 1989, S. 51–83. (Onlinefassung)
- Hans-Dieter Steinmetz: Karl May und Moritz Lilie. In: Mitteilungen der Karl-May-Gesellschaft Nr. 94/1992, S. 20–22. (Onlinefassung)
- Andreas Graf: "Von einer monatelangen Reise zurückkehrend". Neue Fragmente aus dem Briefwechsel Karl Mays mit Joseph Kürschner und Wilhelm Spemann. In: Jb-KMG 1992, S. 160 (Endnote 83). (Onlinefassung)
- Dieter Sudhoff/Hans-Dieter Steinmetz: Karl-May-Chronik I bis IV. Sonderbände zu den Gesammelten Werken. Karl-May-Verlag Bamberg–Radebeul 2005. ISBN 978-3-7802-0170-6
- Große Kreisstadt Radebeul (Hrsg.): Stadtlexikon Radebeul. Historisches Handbuch für die Lößnitz, 2., leicht geänderte Auflage 2006, ISBN 3-938460-05-9.
- Hainer Plaul: Über Moritz Lilie und seine Bekanntschaft mit Karl May. In: Karl-May-Haus Information Nr. 20/2007, S. 46–59.
Informationen über Zeitgenossen Karl Mays finden Sie im Namensverzeichnis Karl May – Personen in seinem Leben von Volker Griese unter Mitwirkung von Wolfgang Sämmer.
Weblinks[Bearbeiten]
- Eintrag in der Wikipedia.