Gul-i-Schiras

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Gul-i-Schiras
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Im Reiche des silbernen Löwen I/II (nur erwähnt)
Im Reiche des silbernen Löwen IV

Schahsadeh Khanum Gul oder Schahzadeh Khanum Gul, genannt Gul-i-Schiras oder Gul-i-Schiraz (Rose von Schiras), ist eine geheimnisvolle persische Schönheit, die sowohl mit den Sillan als auch mit Dschafar Mirza in Beziehung steht.

Beschreibung[Bearbeiten]

Die Prinzessin war eine hohe, volle Gestalt. Sie hatte ihre Kleidung überreich mit Schmuck beladen. Einen Schleier trug sie nicht, hatte sich also von der in ihrem Kreise gebotenen, schamhaften Zurückhaltung emanzipiert. Ihr Haar war vorn abgeschnitten und bedeckte die Stirn, ganz nach Art unserer sogenannten Simpelfransen, zuweilen auch Ponyfrisur genannt. Die persischen Haremsfrauen lieben es nämlich sehr, ihrem Gesichte hierdurch einen zwar geistlosen, dafür aber um so begehrlicheren Ausdruck zu geben.
Hinten hingen die Zöpfe fast bis auf den Boden herab. Sie waren mit goldenen Schnuren, Fransen und Trotteln durchflochten, also sehr wahrscheinlich nicht echt. Bezeichnenderweise trug sie in der Hand eine Reitpeitsche, ganz so, wie Ahriman Mirza auch. Sie schwippte mit derselben im Gespräche bald hin und bald her und war überhaupt in allen ihren Bewegungen so lebhaft, so bestimmt und so gebieterisch, so wegwerfend und, ich möchte sagen, so keck, wie ich bisher noch keine einzige Orientalin zu sehen bekommen hatte.[1]

in Im Reiche des silbernen Löwen I und II[Bearbeiten]

Im ersten Band wird die Gul-i-Schiraz von Dozorca erwähnt, der Kara Ben Nemsi und Hadschi Halef Omar von seiner Gefangenschaft im Birs Nimrud erzählt und dabei nach eben jener "Rose von Schiras" fragt, da diese dort wiederholt von den Schmugglern und ihrem Säfir erwähnt wurde. Dozorca hält die Gul für die Frau eines Anführers.[2]

Im zweiten Band provoziert Kara Ben Nemsi den Säfir im Birs Nimrud und entlockt ihm dadurch weitere Informationen über die geheimnisvolle Dame:

"Du siehst, daß eure Heimlichkeiten öffentlich geworden sind. Sogar hinter eure berühmte 'Gul-i-Schiraz' ist man gekommen."
[...]
"Die Gul-i-Schiraz? Die Biwä-i-Hakim[3], die Schems-i-Dschamal[4], unsere Sitarä-i-Dschira[5], die so tief im Verborgenen wohnt, daß selbst ich sie nur dreimal gesehen habe? Unsere schöne, unsere herrliche Königin, vor der wir alle unsere Häupter und unsere Kniee beugen? Sie, deren Blick die Herzen bezaubert und deren Stimme zu den schwersten, den verwegensten Thaten begeistert, sie willst du kennen, du elender, armseliger Wurm? [...]"[6]

Ebenfalls im Birs Nimrud entdeckt Halef in der Schatztruhe ein Doppelporträt, auf dem Dschafar Mirza abgebildet ist:

Neben ihm sah ich ein wunderschönes, orientalisches Frauenangesicht mit geheimnisvollen Dunkelaugen, aber kalten, unerbittlichen Lippen und rätselhaften Sphinxzügen, ein Gesicht, welches mich sofort, doch nicht etwa den Menschen, sondern den Psychologen in mir, gefangen nahm. Das Original zu diesem weiblichen Porträt war sicher keine im Harem psychisch vernachlässigte, sondern ganz gewiß eine geistig bedeutende Persönlichkeit. Und als ich schärfer hinschaute, bemerkte ich unter den Bildern zwei feine, in das Gold des Rahmens gegrabene Unterschriften. Diejenige, welche unter dem männlichen Porträt stand, lautete "Dschafar Mirza" und die unter dem weiblichen "Schahzadeh Khanum Gul".
[...] Mit dem Schah nahe- und blutsverwandte Prinzen werden Schahzadeh tituliert. Steht das eine Dame bezeichnende Wort Khanum hinter dieser Bezeichnung, so ist eine Prinzessin gemeint. Hieraus folgt, daß mein früherer Reisegenosse Dschafar ein Prinz und das Original des andern Bildes eine mit dem Schah von Persien verwandte Prinzessin war. Durch die Vereinigung der beiden Bilder war ich natürlich veranlaßt, auch die Personen in nahe Beziehung zu einander zu bringen; aber welches das Verhältnis war, in dem sie sich berührten, das konnte ich freilich nicht wissen. Aus dem Umstande, daß sie sich dem Verbote des Islam entgegen hatten abbilden lassen, war zu schließen, daß sie über der gewöhnlichen muselmännischen Denkweise erhaben standen, was bei dem weitgereisten Dschafar Mirza kein Wunder war; in Beziehung auf die Schahzadeh Khanum aber ergab sich daraus die wahrscheinlich berechtigte Folgerung, daß sie eine jener selbständigen Damen sei, vor denen der Orientale ein Grauen hat. [...] Wer es fertig bringt, alle Traditionen und Rücksichten außer acht zu setzen und die Fesseln des so streng abgeschlossenen dortigen Frauenlebens zu sprengen, der ist gewiß mit einem explosiven Temperamente ausgerüstet [...][7]

in Im Reiche des silbernen Löwen IV[Bearbeiten]

Im vierten Band ist die Gul-i-Schiras an einer Verschwörung der Sillan gegen den Schah beteiligt.

Im ersten Kapitel finden Kara Ben Nemsi und Hadschi Halef Omar einen Brief des Aemir-i-Sillan an Ghulam el Multasim, in dem es heißt:

Es ist die Zeit gekommen, daß die Gul-î-Schîraz auf der Brust von Rafadsch Azrim zu erblühen hat.[8]

Mit Rafadsch Azrim ist Dschafar Mirza gemeint, der mit Hilfe der Gul vernichtet werden soll.

Bei einem Gespräch mit Dschafar und dem Ustad zeigt Kara Ben Nemsi das oben erwähnte Bild und sorgt so für eine Überraschung:

"Effendi, bist du hierhergekommen, um mich abermals zu retten? Aus einer noch viel, viel größern Gefahr, als alle die damaligen waren? Woher hast du dieses Bild?"
"Aus dem Birs Nimrud, von dem ich dir ja schon erzählte. Es lag im Schatz der Sillan, und ich versteckte es, weil ich dich sogleich erkannte."
"Welch ein Glück, welch ein Glück für mich! Dieses Weib hat es hergegeben, um mich zu verderben, weil ich nichts mehr von ihr wissen wollte! Du lieber, lieber Freund, der du mir bist, wer mag da deine Hand geleitet haben! Man wollte jedenfalls beweisen, daß ich an der Empörung mit beteiligt sei. Denn nun weiß ich es: sie soll die Kaiserin und Ahriman Mirza der Kaiser sein! Ist es so oder nicht, Effendi?"
"Genau so," nickte ich.[9]

Die Gul-i-Schiras ist die Besitzerin des für unbesiegbar gehaltenen Pferdes Iblis, das Ahriman Mirza bei dem großen Wettrennen reiten wird. Als sie vor dem Rennen erscheint, stellt der Scheik ul Islam sie dem Ustad vor:

"Du scheinst nicht zu wissen, wen du vor dir hast. Diese hochgeborene, edelgepriesene Fürstin ist unsere allverehrte Schahsadeh Khanum Gul, welche gekommen ist, dich mit ihrer beglückenden Gegenwart zu erfreuen."
"Das weiß ich wohl. Ich weiß sogar noch mehr, nämlich daß auch du sie kennst und dich trotzdem nicht schämst, ihre Gegenwart beglückend zu nennen. Wehe dem Volke, dessen geistliche Väter, deren Obersten einer du bist, sich mit den Töchtern des Fleisches verbinden, um dann die Männer beherrschen zu können! [...]"[10]

Kara Ben Nemsi besiegt auf seinem Syrr Ahriman Mirza, der den Hengst Iblis erschießt. Die Khanum führt am nächsten Tag die Sillan in den Kampf – natürlich aus sicherer Entfernung – und damit in die totale Niederlage, stürzt aber, als sie sich beim Anfeuern ihrer Soldaten unvorsichtigerweise zu nahe an die Mauerkante wagt, in die Tiefe, und zugleich in ihr eigenes Schwert.

in 'Die Schatten des Schah-in-Schah'[Bearbeiten]

In dem nicht von May stammenden Roman Die Schatten des Schah-in-Schah, einer Fortsetzung der Silberlöwenbände von Heinz Grill, wird die Gul-i-Schiras ausführlicher charakterisiert: Die Gul ist hier die junge Witwe des jüngeren Bruder des Schahs, Sill äs-Sältänä, dem ersten Ämir-i-Sillan, der seinem Bruder treu ergeben war. Nach seinem frühen Tod wurde die Witwe gebeten, sein Werk fortzusetzen.

"Gul stammte aus einer unbedeutenden Familie, aber ihre Schönheit und Klugheit machten sie eines Prinzen, ja selbst eines Königs würdig. So mag auch Nassr ed-Din, unser erhabener Herr und Gebieter gedacht haben. Es schien, als solle nach dem Hingang ihres Gatten ihr erlauchter Schwager dessen Stelle an ihrer Seite einnehmen, und man glaubte mit guten Gründen annehmen zu dürfen, dass der Schah-in-Schah sie in Bälde zur Gebieterin seines Harems erheben werde."[11]

Dazu kam es aber nicht, denn die Prinzessin verliebte sich in einen unehrlichen Vertrauten des Schah, Sefer Beg, heiratete ihn und geriet unter dessen verderblichen Einfluss, intrigierte mit ihm gegen die Sillan und gegen den Schah. Als ihr Mann in Ungnade geriet, verließ er mit seiner Frau Persien und ging nach Amerika. (Old Shatterhand trifft sie dort in Fort Gibson, als er ihrem Mann und ihr bei einer Schlägerei beistehen kann.) Inzwischen wählen die "guten" Sillan einen neuen Ämir, Dschafar Mirza, einen Cousin des Herrschers, der sich nun seinerseits nach Amerika aufmacht, um die Prinzessin und ihren Mann zurückzuholen. Wie und wo Dschafar und Gul zusammengetroffen sind, wird nicht erzählt. Jedenfalls kehrt Dschafar, nachdem er etwa ein Jahr lang fern gewesen war, an der Seite der Prinzessin in die Heimat zurück. Ihr Mann war verstorben.

"Was sich zwischen dem König der Könige, der Schahsadä Khanum Gul und Dschafar Mirza in jenen Tagen abgespielt hat, davon hat man in der Öffentlichkeit natürlich nie etwas erfahren. Zweifellos war es jedoch, dass der Einfluss der Prinzessin auf Herrscher und Reich bald wieder deutlich wurde. Wir Sillan hatten alle Ursache, ihr zu misstrauen, aber Dschafar wusste uns zu überzeugen, dass wir an der Gattin unseres verstorbenen Ämir eine große Gönnerin besäßen, die das, was sie früher durch den Verrat an ihren zweiten Gatten verschuldet hatte, zutiefst bereue und bestrebt sei, den uns dadurch zugefügten Schaden reichlich wettzumachen. Wirklich hat seitdem keiner von uns etwas zu klagen gehabt."[12]

Tatsächlich intrigiert die Prinzessin erneut, um an der Seite eines selbstgewählten Mannes Herrscherin zu werden. Der Name Dschafar Mirzas wird von ihr missbraucht. Als Kara Ben Nemsi in ihre Hand gerät, bietet sie ihm an, die Seiten zu wechseln und als ihr Mann Herrscher von Persien zu werden. Er lehnt ab.

Bei der großen "Auflösung" und Entlarvung wird die Gul bei ihrer Flucht vermutlich von den von ihr selbst gezüchteten Krokodilen gefressen, doch ihr tatsächlicher Tod wird nicht explizit erwähnt.

Anmerkungen[Bearbeiten]

  1. Karl May: Im Reiche des silbernen Löwen. 4. Band. Verlag Friedrich Ernst Fehsenfeld Freiburg i. Br. 1.-5. Tausend 1903, S. 551 f. (Onlinefassung)
  2. Karl May: Im Reiche des silbernen Löwen. 1. Band. Verlag Friedrich Ernst Fehsenfeld Freiburg i. Br. 1.-15. Tausend 1898, S. 578. (Onlinefassung)
  3. Witwe des Herrschers.
  4. Sonne der Schönheit.
  5. Stern der Begeisterung.
  6. Karl May: Im Reiche des silbernen Löwen. 2. Band. Verlag Friedrich Ernst Fehsenfeld Freiburg i. Br. 1.-15. Tausend 1898, S. 324; dort auch die drei vorhergehenden Anmerkungen. (Onlinefassung)
  7. Karl May: Im Reiche des silbernen Löwen. 2. Band, S. 384. (Onlinefassung)
  8. Karl May: Im Reiche des silbernen Löwen. 4. Band, S. 98. (Onlinefassung)
  9. Karl May: Im Reiche des silbernen Löwen. 4. Band, S. 443 f. (Onlinefassung)
  10. Karl May: Im Reiche des silbernen Löwen. 4. Band, S. 554. (Onlinefassung)
  11. Heinz Grill: Die Schatten des Schah-in-Schah, Karl-May-Verlag 2006, S. 376.
  12. Heinz Grill: Die Schatten des Schah-in-Schah, Karl-May-Verlag 2006, S. 379.

Literatur[Bearbeiten]

Informationen über Frauengestalten im Werk Karl Mays finden Sie im Sonderband Nscho-tschi und ihre Schwestern von Katharina Maier.

Informationen zu Figuren in Karl Mays Werken finden Sie auch im Karl May Figurenlexikon.
Die zweite Auflage dieses Werkes finden Sie online auf den Seiten der KMG.