Schloss Osterstein
Das Schloss Osterstein ist das ehemalige Stadtschloss von Zwickau.
Erstmals 1292 als Castrum Czwickaw erwähnt, wurde es bei einem Stadtbrand 1403 stark beschädigt, 1404 bis 1407 abgerissen und unter Markgraf Wilhelm I. von Meißen wiedererrichtet. In der Regierungszeit Johann des Beständigen (1525 bis 1532) wurde die seit 1493 stillgelegte Münzstätte Zwickau vorübergehend im Stadtschloss eingerichtet und zwischen 1530 und 1533 weiter betrieben. Unter Kurfürst Christian I. wurde die Schlossanlage in den Jahren 1587 bis 1590 zu einem prächtigen Renaissanceschloss umgebaut. Ab Ende des 18. Jahrhunderts wurde es als Gefängnis genutzt.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte der Anstalt
Im Jahre 1770 endete die Geschichte von Schloss Osterstein als landesherrliches Residenzschloss, denn in diesem Jahr wurde der Beschluss zum Umbau des Schlosses als Landesgefangenenanstalt gefasst. Mit Unterbrechungen wurde Schloss Osterstein bis in die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg als Gefängnis genutzt.
Zu Karl Mays Zeit war Schloss Osterstein ein Arbeitshaus (eine Einrichtung zwischen Gefängnis und Zuchthaus). Das Ziel war die Resozialisierung der Insassen.
Teile der Anlage wurden abgerissen, die noch bestehenden Gebäude verfielen zusehends. Das Zellenhaus wurde abgerissen.
Am 3. November 2006 war die Grundsteinlegung für den Wiederaufbau des Schlosses. Es wurde von der GP Schuppertbau GmbH saniert und zu einem Pflegeheim umgebaut. Insgesamt wurden West- und Ostflügel des Schlosses durch einen Neubau ersetzt und wo es möglich ist, erhaltenswerte und erhaltbare Teile integriert. Nord- und Südflügel konnten mit weitgehend im Original erhaltener Bausubstanz gerettet werden. Teile des Schlosses sollen später auch für die Gastronomie und museal genutzt werden. Am 9. September 2007 fand das Richtfest statt. Am 7. November 2008 erfolgte die Schlüsselübergabe an die Betreibergesellschaft Senioren- und Seniorenpflegeheim gGmbH Zwickau. Die ersten Bewohner zogen am 11. November 2008 ein.[1]
Karl May in Schloss Osterstein
Karl May wurde am 14. Juni 1865 von Leipzig nach Zwickau gebracht und als Sträfling Nr. 171 in Schloss Osterstein registriert. Er soll dort seine Freiheitsstrafe von vier Jahren und einem Monat im Arbeitshaus absitzen.
Bei seiner Ankunft wurde er in die II. Disziplinarklasse eingestuft und kam zunächst in Kollektivhaft (in der Nacht wurden die Insassen allerdings – soweit räumlich möglich – isoliert). Bei seiner Aufnahme wurde May von Anstaltsarzt Dr. Saxe untersucht. Er erhielt eine Aufgabe in der Schreibstube, die er aber noch nicht bewältigen konnte.[2] Daraufhin wurde er Portefeuillearbeiter und fertigte gemeinsam mit drei anderen Männern Geld- und Zigarrentaschen.
Neben der eigentlichen Arbeit gibt es für die Gefangenen die Möglichkeit, sich autodidaktisch in der Bibliothek (ca. 4.000 Bände mit u.a. belletristischen, historischen und populärwissenschaftlichen Texten) weiterzubilden oder Unterricht im Rechnen, Schreiben und Zeichnen zu bekommen.
1867 wurde May Mitglied des Gefängnis-Kirchenchors und Posaunenbläser, wahrscheinlich auf Fürsprache des Aufsehers Friedrich Eduard Göhler;[3] er arrangierte Musikstücke und wechselte in die oberste Disziplinarklasse. Hier entstand bei May der Wunsch, schriftstellerisch tätig zu werden: Entwürfe und Skizzen aus dieser Zeit wurden in seinem Nachlass gefunden.
1868 erhielt May eine (selbst gewünschte) Einzelzelle[4] und wurde besonderer Schreiber[5] des Gefängnisinspektors Alexander Krell, dem er – nach eigenen Aussagen – bei dessen statistischen und literarischen Arbeiten über den Zwickauer Strafvollzug half:
- Meine Aufgabe war, die statistischen Ziffern zu ermitteln, sie auf ihre Zuverlässigkeit zu untersuchen, sie zusammenzustellen, zu vergleichen und dann die Resultate aus ihnen zu ziehen.[6]
Siehe auch:
- Das Zellenhaus bei der Strafanstalt Zwickau
- Jahresbericht über Zustände und Ergebnisse bei der Strafanstalt Zwickau
- Führer durch Zwickau und seine Umgebungen
Am 2. November 1868 wurde May auf Antrag des Direktors Eugène d'Alinge wegen guter Führung und "in Folge Allerhöchster Gnade" vorzeitig entlassen.
in dieser Zeit entstandene Werke
Sonstiges
Auch Max Dittrich war hier inhaftiert und erklärte 1905, May hier erstmals 1866 gesehen zu haben.
Anmerkungen
- ↑ Chemnitzer Morgenpost vom 11. Februar 2009.
- ↑ Karl May: Mein Leben und Streben, S. 126.
- ↑ Hainer Plaul: "Besserung durch Individualisierung". In: Jahrbuch der Karl-May-Gesellschaft 1975, S. 175.
- ↑ Hainer Plaul datierte den Umzug Karl Mays in das Zellenhaus auf Ende 1867 oder Anfang 1868.
- ↑ Karl May: Mein Leben und Streben, S. 129.
- ↑ Karl May: Mein Leben und Streben. In: Karl Mays Werke, S. 70790 f. (vgl. KMW-VI.3, S. 129 f.).
Literatur
- Eugène d'Alinge: Besserung auf dem Weg der Individualisierung, Leipzig 1865. (Schrift des damaligen Direktors der Anstalt über seine Pläne und Methoden; auszugsweise zitiert in der Karl-May-Chronik I, S. 134)
- Karl May: Mein Leben und Streben
- Hainer Plaul: "Besserung durch Individualisierung". Über Karl Mays Aufenthalt im Arbeitshaus zu Zwickau von Juni 1865 bis November 1868. In: Jahrbuch der Karl-May-Gesellschaft 1975.
- Peter Richter/Uwe Neßler: Bilder aus Ardistan. Karl-May-Stätten in Sachsen. Sonderheft der Karl-May-Gesellschaft Nr. 61-63/1986. (Onlinefassung)
- Wolfgang Hallmann/Christian Heermann: Reisen zu Karl May. Erinnerungsstätten in Berlin, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen. Westsachsen Verlag Zwickau 1992.
- Gotthold Leistner: Das Zellenhaus im "Schloss Osterstein". In: Zwickauer Heimatjournal Nr. 3/1994. (Nachdruck in: Karl May in Leipzig Nr. 21/1995)
- Dieter Sudhoff/Hans-Dieter Steinmetz: Karl-May-Chronik I. Sonderband zu den Gesammelten Werken. Karl-May-Verlag Bamberg–Radebeul 2005. ISBN 978-3-7802-0170-6
- Thomas Pilz-Lorenz: Hinter den Mauern – Schatten und Licht in Osterstein. In: Der Beobachter an der Elbe Nr. 21/2013.
- Martin Schulz: Karl May und Alexander Krell. Der Verein der deutschen Strafanstaltsbeamten und Karl Mays statistische Ziffern. Zu Entstehung, Verbreitung und Rezeption der Zwickauer Strafanstaltsberichte. In: Karl-May-Haus Information Nummer 29/2014.
- Martin Schulz: Ein ganz auffälliges Beispiel von Immunität. Die Indische Cholera im Regierungsbezirke Zwickau und ihrer Auswirkungen auf das Leben in der Strafanstalt Schloss Osterstein. In: Karl-May-Haus Information Nummer 31, 2016.
Weblinks
- Eintrag bei Wikipedia.
- Schloss-Historie auf der Webseite der Senioren- und Seniorenpflegeheim gGmbH Zwickau.