Philipp Wolff

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Philipp Wolff

Philipp Wolff (* 22. Dezember 1810 in Ulm; † 1. Januar 1894 in Tübingen) war ein Orientalist und evangelischer Geistlicher.

Wolff studierte zunächst Theologie in Tübingen. Sein Studium schloss er 1832 mit der theologischen Dienstprüfung ab und wurde Vikar in Bempflingen.

Von 1829 bis 1831 hatte er sein Theologiestudium in Tübingen unterbrochen, um in Halle Orientalistik zu hören. Nach einem Jahr der Tätigkeit als Vikar nahm er 1833 dieses Studium in Halle wieder auf und schloss es 1834 mit der Erlangung des Doktorgrades ab.

Anschließend ging er für ein Jahr nach Paris, um an der École des langues orientales Antoine-Isaac Silvestre de Sacy zu hören, einen der bedeutendsten Orientalisten überhaupt.

Von 1835 bis 1837 versuchte sich Wolff, wieder nach Tübingen zurückgekehrt, als Privatdozent für die Sprachen und Literaturen des Orients und als Übersetzer. Da ihm dies aber für die Zukunft zu unsicher erschien, kehrte er zu seinem ursprünglichen Beruf zurück und nahm eine Bestellung zum Pastor in Rottweil an. Auch in dieser Position beschäftigte er sich intensiv mit der Orientalistik. Er war aktives Mitglied sowohl in der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft als auch im Deutschen Palaestina-Verein; außerdem verfasste er einige eigene Werke und Übersetzungen.

Aus eigener Anschauung erlebte er den Orient erstmals auf einer knapp sechsmonatigen „Reise in das Gelobte Land“ (so der Titel seines Berichts darüber), die er am 2. April 1847 antrat. Sein 1849 veröffentlichtes Buch darüber hatte großen Erfolg.

Im Winter 1869/70 unternahm er eine erneute Reise nach Jerusalem, diesmal mit Frau und Tochter. Auf dieser Reise starb seine Frau in Jaffa. Eine letzte Palästinareise unternahm er 1872 vor allem, um das Grab seiner Frau zu besuchen.

1877 ernannte ihn die Universität Tübingen zum Ehrendoktor der Theologie. Nach seiner Emeritierung 1882 ließ er sich erneut in Tübingen nieder und besuchte trotz seines Alters von 72 Jahren wieder Vorlesungen. Auch seine Autorentätigkeit in der Orientalistik setzte er bis zum Schluss fort; vor allem in Form von Aufsätzen für Zeitschriften und Enzyklopädien.

Philipp Wolff und Karl May[Bearbeiten]

Bei seiner „Reise in das Gelobte Land“ machte Wolff im Juli 1847 von Beirut aus einen Abstecher —wie er es selbst nennt— nach Damaskus. Für den Hinweg wählte er den direkten Weg, aber für den Rückweg die touristisch interessantere viel weiter nach Norden ausholende und von zahlreichen europäischen Reisenden beschriebene Route über Tripoli. Dies ist, mit Ausnahme eines Besuchs des berühmten Zedernwalds auf dem Libanon, dieselbe Route, auf die May seine Helden in „Von Bagdad nach Stambul“, dem dritten Band des „Orientzyklus“ bei der Verfolgung des Mörders, Entführers und Juwelendiebs Abrahim Mamur schickt.

Bei der Beschreibung des äußeren Rahmens dieses Teils des Romans stützt May sich unter anderem auf den dreizehnten Band von Friedrich Heinzelmanns sechzehnbändiger „Weltkunde in einer planmäßig geordneten Rundschau der wichtigsten neueren Land- und Seereisen“.[1][2] Heinzelmanns Werk besteht aus fiktiven Reiseberichten, die er aus den Berichten unterschiedlicher Reisender zusammensetzt und, um eine flüssige Erzählung zu erreichen, erheblich umformuliert. Auch gibt er nach eigenem Bekunden nicht alle Quellen an. Für den genannten Abschnitt sind seine wesentlichen Quellen Eduard Wilhelm Schulz, Gotthilf Heinrich von Schubert und Wolff. Damit hat letztendlich Wolff das Bild und das Wissen mit beeinflusst, das May von der Region hatte.

Darüber hinaus sind einige seiner Worte trotz zweimaliger Umformulierung[3] bei Karl May wiederzuerkennen, so seine Beschreibung des Hauses des englischen Konsuls in Damaskus:

Das Haus sah von außen, wie alle Häuser in Damaskus, nichts gleich. Aber wie erstaunte ich, als ich aus dem ersten innern Hofraum in den zweiten trat. Wahrhaftig, ich sah mich da wie in das Paradies versetzt. Dieser ganze Hofraum ist mit braunem und weißem Marmor bedeckt; in der Mitte ist ein großes, länglicht viereckiges Bassin aus Marmor, von dem schönsten Blumenflor umgeben, in welches von zwei Seiten her das reinste Wasser sich ergießt; in der obern und untern Ecke der rechten Seite sind achteckige, bunte Marmorbrunnen; an dem obern Theile befindet sich, in der Mitte, eine hohe Halle mit schöner bunter Decke, ringsum mit Diwanen versehen; ihr gegenüber, am untern Theile des Hofraums, führt eine schöne breite Doppeltreppe, an der Jasmin und anderes Gesträuch sich hinaufzieht, nach der obern Zimmerreihe; in der Nähe dieser Treppe sind reizende Sitzplätze, beschattet von dem Laub ungeheurer Rebstöcke; auf dem Marmorboden stehen in bunter Reihe, in hübsch eingefaßten Carré's, Citronen- und Orangen-, Granaten- und Feigenbäume, dazwischen roth und weiße Rosensträuche von Baumeshöhe und Blumen aller Art; rings um den ganzen Hofraum gehen, in zwei Stockwerken, Zimmer, deren äußere Wand bunt bemalt ist; das Hauptzimmer, in das eine Thür von der Halle aus führt, ist so groß und so hoch, wie eine Landkirche von mittlerer Größe; in demselben sind alle Wände sammt dem Plafonds nicht etwa bloß schön bemalt, sondern von schönstem Marmormosaik, und die Fenster von gefärbtem Glas; nahe beim Eingang ist ein Marmorbrunnen mit vier Röhren und übersprudelndem Wasser; der Boden ist von Marmor.[4]

Karl Mays Schilderung von Jacub Afarahs Haus in Damaskus liest sich so:

Wir befanden uns in einem langen, schmalen Hofraume und vor einer zweiten Mauer, deren Thür bereits offen stand. Als wir dieselbe hinter uns hatten, sah ich vor mir einen großen, quadratischen Platz, welcher durchgehends mit Marmor gepflastert war. Von drei Seiten öffneten sich auf ihn laubenartige Arkaden, deren Oeffnungen von den in Kübeln gezogenen Citronen, Orangen, Granaten und Feigen maskiert wurden. Die vierte Seite, von der Mauer gebildet, durch welche wir soeben getreten waren, war ganz von Jasmin, Damascenerrosen und rot-weiß geflammten syrischen Hibisch[5] überzogen. Die Mitte des Platzes nahm ein granitenes Bassin ein, in dessen Wasser sich gold- und silberglänzende Fische tummelten,[6] und an jeder Ecke befand sich ein fließender Brunnen, um dieses Bassin zu speisen. Ueber den Arkaden zog sich ein bunt bemaltes Stockwerk hin, zu welchem eine breite, mit duftenden Blumen reich geschmückte Treppe emporführte; […][7]

Wolff als Orientalist war May ebenfalls bekannt; er besaß dessen Sprachführer „Arabischer Dragoman“ in der ersten Auflage von 1857[8] und der dritten Auflage von 1883.[9] Offenbar hat May diesem Sprachführer eine Bedeutung beigemessen, aber angesichts der Fülle von Lehrbüchern der arabischen Sprache, die May besessen hat, ist es unsicher, ob Wolff mit diesem Buch einen Einfluss auf Mays Werk ausgeübt hat.

Literatur[Bearbeiten]

  • Allgemeine Deutsche Biographie. Vierundvierzigster Band. Duncker & Humblot, Leipzig 1898, S. 44-45
  • Kautzsch, Emil: (Nekrolog) In: Zeitschrift des Deutschen Palästina-Vereins Band XVII, Leipzig 1894, S. III–V

Anmerkungen[Bearbeiten]

  1. Heinzelmann, Friedrich und Heinzelmann, Wilhelm: Die Weltkunde in einer planmäßig geordneten Rundschau der wichtigsten neueren Land- und Seereisen. Dreizehnter Band. Friedrich Fleischer, Leipzig 1854.
    Inventar-Nr. KM0826 in Karl Mays Bibliothek.
  2. Vgl. auch Lieblang, Helmut: Als Saulus zum Paulus wurde ... In: KMG-Nachrichten Nr. 135 / März 2003, Karl-May-Gesellschaft
  3. Die größere Veränderung hat Heinzelmann vorgenommen; dagegen gleicht Mays Text sehr stark dem von Heinzelmann.
  4. Wolff, Philipp: Reise in das gelobte Land J. B. Metzler, Stuttgart 1849, S. 189-190
  5. Die Übersetzung von Wolffs „Rosensträuchen von Baumeshöhe“ in „Damascenerrosen“ stammt von Heinzelmann, und er hat auch den Hibiskus hinzugefügt, wohl aus einer nicht genannten Quelle.
  6. Die „laubenartigen Arkaden“ sowie die Fische im Bassin hat May der Beschreibung Heinzelmanns hinzugefügt, sie entsprechen aber der Realität, wie aus einem anderen Reisewerk hervorgeht:
    Dieterici, Friedrich: Reisebilder aus dem Morgenlande. Zweiter Theil. Wiegand und Grieben, Berlin 1853, S. 354
    Der erste Teil dieses Werks findet sich unter der Inventarnummer KM0719 in Karl Mays Bibliothek.
  7. Karl May: Von Bagdad nach Stambul Verlag Friedrich Ernst Fehsenfeld, Freiburg 1892, S. 365.
  8. Wolff, Philipp: Arabischer Dragoman. J. J. Weber, Leipzig 1857.
    Inventar-Nr. KM0853 in Karl Mays Bibliothek.
  9. Wolff, Philipp: Arabischer Dragoman. Dritte gänzlich umgearbeitete Auflage F. A. Brockhaus, Leipzig 1883.
    Inventar-Nr. KM0218 in Karl Mays Bibliothek.

Weblinks[Bearbeiten]