Orthographische Konferenz von 1901

Aus Karl-May-Wiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Auf der Orthographischen Konferenz von 1901 in Berlin (auch II. Orthographische Konferenz genannt) wurde eine gemeinsame deutsche Orthographie aller deutschsprachigen Staaten festgelegt, die zu großen Teilen auf der preußischen Schulorthographie beruhte, aber darüber hinaus auch Vorschläge der Orthographischen Konferenz von 1876 übernahm, die von Preußen noch nicht übernommen worden waren.

Die damals standardisierte deutsche Rechtschreibung wurde in den deutschsprachigen Ländern (Länder des Deutschen Reiches, Österreich, Schweiz) einheitlich verwendet, mit geringen Änderungen abgesehen vom Verdrängen des ß in der Schweiz seit den 1920er Jahren. Die nach der Konferenz noch zahlreich vorhandenen Doppel- und Dreifachformen wurden in unterschiedlichen Hausorthographien beseitigt, insbesondere durch den Buchdruckerduden von 1903. Schon bald nach der Konferenz wurden von verschiedenen Seiten Mängel beklagt und weiterer Reformbedarf gesehen. Die nächste Reform der deutschen Rechtschreibung erfolgte aber erst 1996.

Beschlüsse (Auswahl)[Bearbeiten]

Es wurden u.a. die nachfolgenden Beschlüsse gefasst, die auf dem preußischen Regelschulwerk und dem Wörterverzeichnis aufbauten.

  • In heimischen Wörtern sollte das h nach t grundsätzlich fallen (Tal, Tür statt Thal, Thür). In Fremdwörtern wie Thron und Theater wurde die th-Schreibung beibehalten.
  • Auslautendes ß in Wörtern auf -niß wurde zu -nis wie in Geheimnis, da diese Silbe nicht betont wird. Die bereits 20 Jahre zuvor beschlossene Änderung wurde somit bestätigt.
  • Fremdwörter sollten konsequenter in das deutsche Schriftsystem integriert werden. Dies führte jedoch nicht zu einer weitgehenden Ersetzung von c durch k oder z, sondern vielmehr konnten tausende von Fremdwörtern auf zwei Arten geschrieben werden (z.B. Accent neben Akzent, central neben zentral, social neben sozial). Bei vielen anderen Fremdwörtern waren ebenfalls zwei Schreibweisen möglich (z. B. Shawl neben Schal, Guitarre neben Gitarre, Liqueur neben Likör). In einigen Fällen waren sogar drei Schreibweisen möglich (z.B. Compagnie neben Kompagnie und Kompanie, detto neben ditto und dito, desinficieren neben desinfizieren und deſinfizieren). Einzelne Fremdwörter konnten sogar auf vier Arten geschrieben werden (z.B. Baccheus neben Bacchius, Bakcheus und Bakchius). In einzelnen Fällen wurde eine einheitliche Schreibweise festgelegt (z.B. Redakteur statt Redacteur, Literatur statt Litteratur, Droge statt Drogue).
  • Fremdwörter auf -iren sollten einheitlich mit -ieren geschrieben werden (z.B. regieren, addieren). Dadurch wurde eine weitere, etwa 20 Jahre lang in der Schule gelehrte, Änderung bestätigt.
  • Beim c in deutschen Ortsnamen war man ebenfalls nicht konsequent; einerseits einigte man sich auf Kassel statt Cassel, Köln statt Cöln und Köthen statt Cöthen, andererseits blieb man bei den Schreibweisen Coburg, Cottbus usw., obwohl auch für diese Städte eine Schreibung mit K schon recht verbreitet war, abzulesen an Berliner Straßennamen.
  • Regelungen auf Basis des phonetischen Prinzips (d.h. Anpassung der Rechtschreibung an die Aussprache) wurden außer bei der Schreibung von Fremdwörtern kaum umgesetzt (z.B. Epheu wurde zu Efeu).

Diese Beschlüsse wurden im Laufe des Jahres 1902 durch die Regierungen Deutschlands, Österreichs und der Schweiz in amtliche Regelungen umgesetzt. Wilhelm II. war anfangs gegen einen Gebrauch der neuen Rechtschreibung durch die Behörden. Er ließ sich jedoch überzeugen und stimmte im Dezember 1902 der amtlichen Verwendung zu, bestand aber bis 1911 darauf, dass ihm vorgelegte Schriftstücke in der alten Rechtschreibung geschrieben sein mussten.

Aufgrund der vielen Doppelformen entstanden in den folgenden Jahren mehrere Hausorthographien. Insbesondere der bereits oben erwähnte Buchdruckerduden prägte das Schriftbild zahlreicher Veröffentlichungen, darf jedoch nicht mit der amtlichen Regelung gleichgesetzt werden.

bei Karl May[Bearbeiten]

Karl May an Ludwig Freytag:

Gradezu ein köstlicher Gedanke, mich auf die neue Orthographie einzuimpfen! Für den strebenden Geist genauso eine Zwangsjacke wie der Taufschein für die emportrachtende Seele! [...] Nicht nur für den Schulknaben, sondern auch für die Hand, die geistige Welten öffnet![1]

Obwohl der gedruckte Buchtitel schon vor 1901 Winnetou, der rote Gentleman lautete, schrieb May noch 1904: Winnetou, der rothe Gentleman.

Anmerkungen[Bearbeiten]

  1. Zitiert nach Karl-May-Chronik III, S. 170.

Weblinks[Bearbeiten]