Ernst Thiele

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Ernst Albert Thiele (* 11. Mai 1881 in Hannover; † ?) war ein Privatgelehrter und Schriftsteller, der bis Mitte 1910 mit Lu Fritsch verlobt war.

Leben und Werk[Bearbeiten]

Biographisches[Bearbeiten]

Thiele war der uneheliche Sohn der Haushaltshilfe Marie Thiele (* 1855 in Wickerode/Harz; † 1933 in Benneckenstein/Harz), die 1881 nach Sondershausen in Thüringen umzog.

Ernst Thiele besuchte die Fürstliche Realschule Sondershausen und machte am Berliner Königlichen Kaiser-Wilhelm-Realgymnasium sein Abitur. Danach studierte er verschiedene Wissenschaften an verschiedenen Hochschulen: 1901/02 Technik in München, 1902 Jura in Berlin, 1905 Philosophie in Halle/Saale und 1908/09 Kameralwissenschaft in Leipzig.

Später lebte Thiele als Privatgelehrter mit seiner Mutter in Benneckenstein. Um 1912 bis 1914 arbeitete er als Lehrer an Privatanstalten in Łódź und Moskau. Bei einem Fronteinsatz im Ersten Weltkrieg wurde er verwundet und kehrte 1917 nach Berlin zurück. Dort setzte er sein Philosophiestudium fort und promovierte 1918 in Würzburg. Seine Doktorarbeit schrieb er über Michel de Montaigne und John Locke. Als Schriftsteller verfasste er religionsphilosophische Werke, die vor allem eine Prägung durch Friedrich Nietzsche zeigen.

Bibliographisches[Bearbeiten]

  • Das Christentum – die Religion der Entarteten und Unmündigen im Laufe der Jahrhunderte. Leipzig 1907.
  • Unser Reich ist von dieser Welt. Leipzig 1911.
  • Seele ... Träume eines Zeitgemäßen über der Menschen Vergangenheit und Zukunft. Leipzig 1914.
  • Die Erziehung zur Selbsttätigkeit bei Montaigne und Locke. Leipzig 1920.

Ernst Thiele und Lu Fritsch, Karl und Klara May[Bearbeiten]

Die Trennung[Bearbeiten]

Durch Karl Mays zweite Frau Klara May hatte Ernst Thieles Verlobte Lu Fritsch im Frühjahr 1910 der Lehrer Adolf Droop kennengelernt; beide verliebten sich ineinander.[1] Am 21. Juni schrieb Lu Fritsch an Klara May, dass sie ihre Verlobung mit Thiele gelöst hätte.[2]

Über ihre frühere Beziehung zu Ernst Thiele und ihre jetzige zu Adolf Droop äußerte sich Lu am 2. September 1910 in einem weiteren Brief an Klara May:

Seine [nämlich Thieles] Briefe und die Worte, die er zu mir sprach, waren zuletzt nur noch Peitschenschläge, von denen jeder mich ins Herz traf. [...] Adolf [...] tut mir nicht weh. Er ist nicht rücksichtslos, nicht zersetzend, nicht brutal – nicht so kalt und erhaben [...] Er verlangt keine Anbetung, keinen Selbstmord. Er würde mir nicht in den seligsten Augenblicken die Pistole auf die Brust setzen. Er würde mich nicht mit der Peitsche in der Hand zu "dressieren" versuchen. Er würde mich nicht in Not und Elend allein lassen. Er würde nicht die Forderung einer "wilden Ehe" an mich richten, sie nicht mit Gewalt durchsetzen.[3]

Rudolf Lebius ./. Lu Fritsch[Bearbeiten]

Wegen Lu Fritschs Artikelreihe Die Wahrheit über die Prozesse des Schriftstellers Karl May gegen den Gewerkschaftssekretär Redakteur Rudolf Lebius in der Stettiner Gerichts-Zeitung klagte Lebius am 16. September 1910 gegen den Drucker, den Redakteur und den Verleger der Zeitschrift sowie gegen May, den er als eigentlichen Autor hinter Lu Fritsch vermutete.[4] Nach Lus Zeugenaussage zeigte Rudolf Lebius sie im Januar 1911 wegen Meineids an.[5] Ernst Thiele forderte daraufhin am 28. Januar – ohne Lu Fritschs Wissen – brieflich von Karl May, sie aus seinen Prozessen herauszuhalten und ihr beizustehen:

Heute erhielt ich einen Brief, ein Bild seelischer Auflösung, von einer Ihnen wie mir bekannten Dame, von Fräulein Luise Fritsch [...] Sie schreibt mir, daß Ihr Gegner Lebius sie wegen Meineids und Pressevergehens verfolgen lassen will, sie, dieses halbe Kind.Da mir leider die materiellen Mittel und das geistige Material [...] fehlen, so sehe ich mich veranlaßt das höfliche Ersuchen an Sie zu richten: diesem jungen Menschen, der in antik-heroischer Selbstlosigkeit seinen jungen Körper aufgerieben, seine junge kaum entfaltete Seele zerfasert hat für Sie und ihr Werk, unbedingt und unverzüglich mit der Tat zu helfen – Worte, mögen es auch noch so schöne sein, nützen nichts [...] Ich halte es für das Richtigste, wenn Sie Frl. Fritsch sofort einen tüchtigen Rechtsanwalt, dem sie sich anvertrauen kann zuweisen d. h. Sie müssen den Anwalt veranlassen, Frl. Fr[itsch] übersieht kaum die Sachlage.[6]

Bereits am Tag darauf antwortete Klara May auf diesen Brief:

Sagen Sie einmal, wer und was sind Sie denn eigentlich? Mit welchem Recht treten Sie für Fräulein Fritsch auf, und zwar in dieser Weise und in diesem Ton? [...] Uebrigens hat Fräulein Fritsch gar keinen Grund, seelisch aufgelöst zu sein. Sie hat den besten Anwalt, den sie sich nur wünschen kann, und sie hat nichts Unrechtes gethan; ihr droht also nicht die allergeringste Gefahr. [...] Ich werde Fräulein Fritsch sofort von Ihrem Schreiben benachrichtigen. Und ich werde Ihren Brief unserem Berliner Anwalt übergeben, damit er die hier nötigen Schritte einleiten möge. Die Sache kommt uns höchst verdächtig vor![7]

Eine Antwort Thieles darauf ist nicht bekannt.

Marie Hannes über Ernst Thiele[Bearbeiten]

Marie Hannes, die mit Mays und mit Lu Fritsch befreundet war, schrieb am 7. Februar 1911 in einem Brief an Klara May über Ernst Thiele:

Ich kenne ihn nicht – aber seine Briefe an Lu habe ich xmal gelesen! Er muß ein dämonischer Mensch sein – ich würde ihm wohl auch nicht widerstanden haben! – Aber daß sie jetzt noch wieder mit ihm angeknüpft hat – was wird Adolf dazu sagen![8]

In einem weiteren Brief von Mariechen an Klara May vom 26. Februar 1911 heißt es:

Von Lu fand ich einen ganz wirren Brief vor – ich weiß gar nicht, was das alles heißen soll – schreckliche Aufregungen – Ernst – Lebius, Meineid – Adolf – alles durcheinander! [...] Sie schickt mir eine Subskriptionsliste auf ein bei Volger in Gohlis zu veröffentlichendes Buch von Ernst Thiele mit, das der Buchhändler eben nur gegen eine bestimmte Anzahl von Unterschriften herausgeben will. Es heißt: "Mein [sic] Reich ist von dieser Welt" – ein Titel, der mich schon abstößt, obgleich man danach schließlich noch nicht urteilen kann. Ich müsse nun unterzeichnen – Ernst ginge sonst zu Grunde... Ich habe natürlich auch für mich ein Exemplar – Lu zu liebe gezeichnet und ihr die Liste sofort zurückgesandt – denn an andere weitergeben kann ich sie unmöglich, wenn ich von Inhalt und Tendenz des Buches keine Kenntnis habe – ich werde mich aber bei Volger mal erkundigen.[9]

Abschied[Bearbeiten]

Am 30. Dezember 1911 kam Lu Fritsch in einem Brief an Klara May auf ein (nicht bekanntes) Schreiben Ernst Thieles an diese zu sprechen:

Also Ernst hat an Dich geschrieben? Er ist der Meinung, dass Karl May der Grund zu unserer Trennung ist, aber das ist nicht wahr. [...] Ernst war wieder hier, für mich war das ein Abschied, und ich wollte es so, um damit alles Dunkle, das die Erinnerung an ihn beschattete, für immer zu bannen.... für ihn scheint es der letzte verzweifelte Versuch, mich zurückzuerobern, gewesen zu sein, und dass dies nicht geschehen, das schreibt er wahrscheinlich Eurem Einfluss zu.[10]

Weitere Kontakte Ernst Thieles zu Lu Fritsch oder zu Mays sind nicht bekannt.

Anmerkungen[Bearbeiten]

  1. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik V, S. 116.
  2. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik V, S. 180.
  3. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik V, S. 295.
  4. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik V, S. 309.
  5. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik V, S. 408.
  6. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik V, S. 405.
  7. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik V, S. 406.
  8. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik V, S. 412.
  9. Steinmetz/Sudhoff: Leben im Schatten, S. 343.
  10. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik V, S. 529.

Literatur[Bearbeiten]

Informationen über Zeitgenossen Karl Mays finden Sie im Namensverzeichnis Karl May – Personen in seinem Leben von Volker Griese unter Mitwirkung von Wolfgang Sämmer.