Karl Stülpner

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Karl Stülpner, eigentlich Carl Heinrich Stilpner (* 30. September 1762 in Scharfenstein; † 24. September 1841 in Scharfenstein), war ein erzgebirgischer Volksheld.

Karl Stülpner

Der Soldat, Wildschütz, Schmuggler, Fabrikant und Lebenskünstler ist wohl die legendenumwobenste und zugleich umstrittenste Person des Erzgebirges. Vielen ist er vor allem als verwegener Jäger und Beschützer der Armen, als "sächsischer Robin Hood" bekannt. Jedoch ist nicht alles, was in Romanen und volkstümlichen Theaterstücken ihm zugeschrieben wird, tatsächlich belegt.

Biografie[Bearbeiten]

Geboren als achtes Kind einer Tagelöhner- und Landarbeiterfamilie, verlässt er frühzeitig das Elternhaus, um seinen Lebensunterhalt selbst zu verdienen. In Chemnitz lässt er sich 1780 für acht Jahre als kurfürstlich sächsischer Musketier anwerben, desertiert jedoch 1785 auf dem Rückmarsch von einem Manöver. In den folgenden Jahren ist er ständig auf der Flucht. Sein Weg führt ihn über Böhmen, Österreich und Ungarn, Baden und Hessen schließlich nach Hannover, wo er in ein Dragonerregiment gepresst wird. Er desertiert erneut und wird bald darauf in ein preußisches Infanterieregiment gepresst. Er nimmt am Interventionskrieg gegen Napoleon teil und wird 1793 bei Kaiserslautern verwundet. 1794 desertiert er nochmals und kehrt schließlich nach Scharfenstein zurück.

Zwischen 1794 und 1800 lebt Stülpner relativ unbehelligt in Scharfenstein. Alles, was über ihn als Wildschütz erzählt wird, ist wohl in diese Zeit einzuordnen. Stülpner erwirbt sich einen Ruf als Unterstützer und Beschützer der Armen, aber auch als Schmuggler und Räuber. Es entsteht eine Art stillschweigende Übereinkunft zwischen Stülpner und den Scharfensteinern: Stülpner unterstützt die Bedürftigen, versorgt sie mit Fleisch und Schmuggelware, dafür schützen ihn die Scharfensteiner vor der Justiz. Mehrmals entgeht Stülpner knapp der Verhaftung. In dieser Zeit beginnt auch Stülpners Beziehung zu Johanna Christiane Wolf, der Tochter des Ortsrichters, die später seine Frau wird. Stülpners Tochter Johanna Eleonora kommt 1799 zur Welt, nachdem bereits 1796 ein Sohn tot geboren wurde.

Postkarte von Großolbersdorf

1800 kehrt Stülpner freiwillig in die sächsische Armee zurück, wohl aus der Überlegung heraus, dass die Tochter einen Vater braucht, der sie versorgen kann. Durch Fürsprache einiger Freunde wird er nicht als Deserteur bestraft, seine Dienstverpflichtung lautet jedoch nun auf Lebenszeit. 1806 nimmt Stülpner an der Schlacht bei Jena teil und gerät in französische Gefangenschaft, kann jedoch fliehen. 1807 stellt er ein Gesuch auf Entlassung, um seine kranke Mutter zu pflegen. Als das Gesuch abgelehnt wird, desertiert Stülpner abermals und begibt sich nach Daubitz (Doubice) in Böhmen. Johanna Wolf übernimmt die Pflege der Mutter und folgt Stülpner nach Böhmen, nachdem die Mutter gestorben ist. Erst in Böhmen können Stülpner und Johanna Wolf heiraten.

Stülpner betreibt dann verschiedene Handelsgeschäfte und gründet schließlich eine Zwirnfabrik, die ihm einen gewissen Wohlstand bringt. Nachdem 1813 in Sachsen Generalamnestie verkündet wird, kehrt er zurück und kauft das Haus, in dem er geboren wurde. 1820 lässt er sich jedoch in ein Schmuggelgeschäft hineinziehen und muss Sachsen wieder verlassen. Im gleichen Jahr stirbt seine erste Frau Johanna.

1823 heiratet Stülpner in Böhmen Anna Veronika Ventzora, mit der er bereits seit 1821 einen Sohn hat. Über diese Zeit ist wenig bekannt, doch scheint die Ehe nicht sehr glücklich gewesen zu sein. Stülpner verlässt Anna bereits 1828 (während sie mit dem zweiten Sohn schwanger ist) und kehrt nach Sachsen zurück.

Stülpner zieht durch seine Heimatregion und erzählt bereitwillig Geschichten aus seinem Leben. Legenden entstehen, in denen sich Wahrheit, Wunschvorstellung und Wildhüter-Romantik vermischen. Stülpner trägt wohl selbst einen guten Teil dazu bei. Volkstümliche Schriftsteller greifen die Stülpner-Legende auf, 1832 wird das erste Buch geschrieben, Gedichte und Theaterstücke folgen. Um seinen Lebensunterhalt zu finanzieren, verkauft Stülpner 1835 seine Lebensgeschichte an den Verleger Schönberg. Das Buch erscheint, wird aber kurz darauf verboten. Stülpner kann allerdings vor Gericht eine Entschädigung durchsetzen. Dennoch ist er wieder vollkommen mittellos und von Altersschwäche gezeichnet. 1839 kehrt er in seinen Heimatort Scharfenstein zurück. Die letzten zwei Jahre seines Lebens ist er krank und halb blind. Bis zu seinem Tode wird er aus der Armenkasse versorgt. Karl Stülpner stirbt am 24. September 1841 in Scharfenstein im Alter von 79 Jahren. Sein Grab ist noch heute auf dem Friedhof in Großolbersdorf erhalten.

Gedenkstein

Stülpner lebte in einer Zeit dramatischer Umbrüche (Französische Revolution, Napoleonische Kriege, beginnende Industrialisierung), die insbesondere in Sachsen auch eine Zeit sozialer Ungerechtigkeit war. Junge Männer wurden willkürlich zum Militärdienst eingezogen. Durch ein jahrhundertealtes, verschachteltes, kaum durchschaubares System von Belehnungen, Beleihungen, Diensten, Abgaben und Zöllen war das Einkommen der Oberschicht dieser Zeit gewährleistet. Den Bauern blieb in schlechten Erntejahren kaum etwas für den Eigenbedarf. Die Landbevölkerung hungerte, während die Wälder voll mit Wild waren – dieses durfte nicht angetastet werden: es gehörte dem Kurfürsten. Erhebungen (wie 1790) wurden brutal niedergeschlagen. So verwundert es nicht, dass ein Wilddieb und Schmuggler zum Volkshelden wurde: er wagte die praktische Selbsthilfe gegen die Ungerechtigkeit.

Karl May und Karl Stülpner[Bearbeiten]

Nach dem sich Stülpner als Wildschütz zur Ruhe gesetzt hatte, unternahm er Wanderungen um Chemnitz herum, um in Wirtshäusern von seinem Leben zu erzählen (er galt ja als "lebende Legende") und um seine 1835 gedruckte Biografie zu verkaufen. Dabei war er auch in Wüstenbrand (einem Nachbarort östlich von Ernstthal, heute Ortsteil von Hohenstein-Ernstthal) und es ist keineswegs auszuschließen, dass er auch bis Ernstthal und Hohenstein gekommen ist.

Seine Abenteuer jedenfalls lebten als Wirtshausgeschichten fort, und da Karl May von seinem Vater ja laut Autobiografie in die Wirtshäuser (insb. Schankwirtschaft Engelhardt) mitgenommen wurde, ist es sehr wahrscheinlich, dass er schon dort von den Stülpner-Legenden hörte. Weitere Biografien von Stülpner, die in der Gegend sicher einigermaßen verbreitet waren, erschienen 1832, 1850, 1858, 1863 und 1870.

Leider steht auch fest, dass selbst in den Dorfgeschichten Mays die Stülpner-Legende überhaupt keinen Widerhall findet. Die Wilderer, deren es reichlich gibt, sind durchweg "böse Kerle".

Die einzige Reminiszenz könnte die Figur des Krikelanton im Roman Der Weg zum Glück sein; dessen dort geschilderte Romanbiografie ähnelt der tatsächlichen Biografie Stülpners und ist tatsächlich – trotz gelegentlicher Wilderei – positiv besetzt.

Die von Fedor Mamroth aufgegriffene Behauptung, dass Karl May einen Roman mit dem Titel Karl Stülpner, der kühne Wildschütz im sächsischen Erzgebirge geschrieben habe, wurde von May in seiner Schrift Karl May und seine Gegner als polemisches Argument benutzt.

Literatur[Bearbeiten]

  • Kurt Arnold Findeisen: Der Sohn der Wälder. Der Lebensroman des Raubschützen Karl Stülpner. Leipzig 1934.
  • Erich Loest: Stülpner-Novelle. In: Etappe Rom. Zehn Geschichten. Verlag Neues Leben Berlin 1975. [In diesem Buch gibt es auch eine Karl-May-Novelle.]
  • Hermann Heinz Wille: Der grüne Rebell. Verlag Neues Leben Berlin 1980.
  • Karl Sewart: Mich schießt keiner tot. Die Geschichte des Volkshelden Karl Stülpner. Chemnitzer Verlag Chemnitz 1994. ISBN 3-928678-14-0
  • Rosemarie Zimmermann: Karl May und Karl Stülpner. In: Karl May in Leipzig Nr. 28/1997.

Weblinks[Bearbeiten]