Hakawati

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Märchenerzähler in einem tunesischen Kaffeehaus, Robert Leineweber, Gartenlaube 1875

Al-Hakawati ist ein syrisch-arabischer Ausdruck für Dichter, Schauspieler, Komödiant, Geschichtenerzähler; seine Wurzeln sind haka, eine Geschichte erzählen – und wati, das die Beherrschung einer populären Straßenkunst bedeutet.

Das Buch

Der Hakawati war ein Buch, aus dem die Großmutter dem kleinen Karl May vorgelesen haben soll. Bisher konnte die Existenz des Buches nicht nachgewiesen werden. Man hält es daher übereinstimmend für eine Erfindung Mays.

Dieses Buch enthielt eine Menge bedeutungsvoller orientalischer Märchen, die sich bisher in keiner andern Märchensammlung befanden. Großmutter kannte diese Märchen alle. Sie erzählte sie gewöhnlich wörtlich gleichlautend; aber in gewissen Fällen, in denen sie es für nötig hielt, gab sie Aenderungen und Anwendungen, aus denen zu ersehen war, daß sie den Geist dessen, was sie erzählte, sehr wohl kannte und ihn genau wirken ließ. Ihr Lieblingsmärchen war das Märchen von Sitara; es wurde später auch das meinige, weil es die Geographie und Ethnologie unserer Erde und ihrer Bewohner rein ethisch behandelt.[1]

Der vollständige Titel lautete (nach May):

Der Hakawati
d.i.
der Märchenerzähler in Asia, Africa, Turkia, Arabia, Persia
und India sampt eyn Anhang mit Deytung, explanatio und
interpretatio auch viele Vergleychung und Figürlich seyn
von
Christianus Kretzschmann
der aus Germania war.
Gedruckt von Wilhelmus Candidus
A. D: M. D. C. V.
* * *

Deutung des Titels

Dieses Märchenbuch ist also nach Mays Angaben verfasst von Christianus Kretzschmann und gedruckt von Wilhelmus Candidus. Karl Mays Großmutter hieß Johanne Christiane, geborene Kretzschmar, und Mays Mutter Christiane Wilhelmine war eine geborene Weise. May kannte offenbar die Bedeutung von Kretzschmar nicht (polnisch/tschechisch: Kneipenwirt, Schenkwirt), deshalb wurde aus Kretzschmar ein Kretzschmann – kaum verschleiert.

Jürgen Pinnow vermutet, dass May den Nachnamen Weise ins Lateinische übersetzte, und als Sachse den Namen nicht als sapiens: weise, sondern als candidus: weiß, glänzend auffasste; für ihn sei weise und weiße eben klanggleich.[2] Andererseits war die Rechtschreibung zu der Zeit noch nicht festzementiert.

spätere Hinweise

Im Karl-May-Jahrbuch 1920 veröffentlichte Euchar Albrecht Schmid Teile eines Briefwechsels, den er mit einem Direktor Schneeberg führte. Darin schreibt er:

Nun noch einige Worte zu Ihren Äußerungen über Sitara, Ardistan usw. Woher May diese Namen hat, ob er sie selbst erfand, oder ob sie aus einem Buch stammen, konnten wir noch nicht ermitteln, denn das auf Seite 290 in Band "Ich" erwähnte Werk "Der Hakawati" ist verschwunden. Er besaß dieses Buch und hat es nicht lange vor seinem Tode – sorglos wie er immer war – einem Schriftsteller, namens Eyben geliehen, der inzwischen in der Irrenanstalt starb und über dessen Hinterlassenschaft ich bisher überhaupt nichts erfahren konnte.[3]

Weder Schriftsteller Eyben noch die Existenz des Buches sind belegt.

Die Figur

Werke mit
Hakawati
KBN2.jpg Bild2.jpg OS19.jpg

Babel und Bibel

Der Hakawati ist als literarische Figur in Mays Drama Babel und Bibel eine über einhundert Jahre alte Gestalt und befreundet mit Marah Durimeh. Sie wird zumeist als Selbstspiegelung Mays gedeutet.

Die höchste, inhaltsreichste und mir liebste Form der Kunst, der Poesie, ist das Märchen. Ich liebe das Märchen. Ich bin Hakawati. Dieses arabische Wort bedeutet "Märchenerzähler".[4]

Sonstiges

Klaus Meichsner gab 1978 ein Buch mit dem Titel Der Hakawati. Die Märchen von Karl May heraus. Es handelt sich dabei um eine Sammlung märchenhafter May-Texte.

Anmerkungen

  1. Karl May: Mein Leben und Streben, S. 22.
  2. Jürgen Pinnow: Sächsisches in den Werken Karl Mays. In: Jahrbuch der Karl-May-Gesellschaft 1989. (Onlinefassung)
  3. E. A. Schmid: Ein Doppelgänger. In: Karl-May-Jahrbuch 1920, S. 294.
  4. Karl May: Empor ins Reich der Edelmenschen! Vortrag 1912.

Literatur

  • Karl May: Mein Leben und Streben. 1910.
  • L. Darnedde: Karl Mays angebliches orientalisches Märchenbuch. In: Niederdeutsche Zeitschrift für Volkskunde. 11. Jahrgang 1933.

Informationen zu Figuren in Karl Mays Werken finden Sie auch im Karl May Figurenlexikon.
Die zweite Auflage dieses Werkes finden Sie online auf den Seiten der KMG.