Christi Himmelfahrt

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Christi Himmelfahrt

Christi Himmelfahrt oder Himmelfahrt Christi heißt Sascha Schneiders Altarbild der Kirche St. Mauritius im sächsischen Wolkenburg (heute mit Kaufungen zu Limbach-Oberfrohna gehörend). Der Künstler malte das Bild mit Ölfarbe auf Leinwand in den Maßen 230 x 450 cm und signierte es unten rechts mit Sascha Schneider.

Entstehung

Vorbereitungen

Die Wolkenburger "Neue Kirche" St. Mauritius wurde von 1794 bis 1804 als klassizistische Dorfkirche errichtet. Zum 100-jährigen Jubiläum wurde die Kirche im Frühjahr 1904 umfassend renoviert und sollte auf Betreiben des damaligen Pfarrers Johannes Köhler (* 1861; † 1946) ein Altarbild erhalten. Der Akademische Rat der Dresdner Kunstakademie beschloss auf die Fürsprache der Professoren Otto Gussmann (auch: Gußmann) und Paul Wallot hin, diesen Plan zu unterstützen. Der Sächsische Kulturfonds des Königlichen Ministeriums des Innern stiftete daraufhin als Jubiläumsgabe ein Himmelfahrtsbild, das Sascha Schneider malen sollte. Gussmann informierte Pfarrer Köhler am 20. Juni 1904 brieflich darüber.[1]

Am 29. Juli 1904 besuchte Johannes Köhler Sascha Schneider in dessen Meißener Atelier zu einer ersten Besprechung.[2] Vier Tage darauf schrieb Schneider an Karl May:

Ich kann morgen Mittwoch[3] nicht mit nach Loschwitz[4] fahren, weil ich in Wolkenburg i/Muldental sein werde, allwo mir hinter meinem Rücken der akad[emische] Rat als Anerkennung meiner Enttäuschungen in Dresden ein Altarbild zu malen gütigst geruht hat. Es ist gewissermaßen eine gebratene Taube, welche ich in Weimar dankbaren Herzens und mit einem begeisterten Hoch auf die noch nicht dagewesene Güte, Gnade & Barmherzigkeit des hohen akad[emischen] Rates, verzehren werde. Immerhin bin ich durch dies Manoever nicht niedergedrückt.[5]

In einem Brief Sascha Schneiders an May vom 24. August kamen die Vorbereitungen für das Altarbild wiederum zur Sprache:

Augenblicklich muss ich eine Skizze für die letzte Wand des Gutenbergmuseums & eine dito für die Kirche in Wolkenburg machen [...][6]

Einen Tag später informierte Schneider den Wolkenburger Pfarrer Johannes Köhler über den Plan:

Nachdem ich mir nun in Ruhe die localen Verhältnisse und den Eindruck der reizenden Kirche überdacht habe wird das Altargemälde ein anderes Aussehen bekommen als ich erst projectierte. Gold muss ganz fortfallen. Es würde der Fenster wegen nur abends in Wirkung treten. Des beschränkten Raumes halber können auch Engel nicht die Wolken tragen, auf denen Christus emporschwebt. Diese Engel kommen in andächtiger, anbetender Stellung auf den Erdboden zu stehen, während Christus allein die Erde verlassen hat. Lassen Sie mich machen, ich werde nur daran denken den heilig schönen Eindruck des Altarplatzes zu steigern.[7]

Die Arbeit daran fiel dem inzwischen nach Weimar verzogenen Sascha Schneider aber schwerer als erwartet. An Pfarrer Köhler, der wohl mit einer Fertigstellung des Gemäldes noch im Jubiläumsjahr seiner Kirche gerechnet hatte,[8] schrieb der Künstler in einem Brief vom 4. Dezember:

Mit der Skizze will es gar nicht vorwärts gehen. Was habe ich schon alles ausgedacht und probirt, es will mir nichts gefallen. Wohl schon zum 6ten Male beginne ich, immer hoffend den Nagel auf den Kopf zu treffen, es will mir nicht gelingen. Ja, wenn ich dürfte wie ich wollte! Das würde aber noch weniger Ihren Beifall finden und den des Consistoriums sicher noch weniger. Mit dieser Tradition ist es etwas schreckliches, wenn man fühlt Neues geben zu können. Ich habe aber keine Lust mir einen Korb zu holen und so wird es wohl beim Herkömmlichen bleiben.[9]

Tags darauf wurde Sascha Schneider in einem Brief an Karl May deutlicher:

Das Altarblatt für Wolkenburg ist auch so eine Schundarbeit; nun werde ich bald ungeduldig immer wieder mit der Verbindung und den erbärmlichen Wünschen der Menge zu rechnen. Ich brauche aber das Geld für Besseres und so bleibt mir nichts anderes übrig; aber ebenso gern würde ich Treppen scheuern.[10]

Skizzen

Im Januar 1905 sandte Schneider an Johannes Köhler eine erste farbige Skizze, die heute verschollen ist.[11] Der Maler schrieb dazu am 19. Januar in einem Brief an Köhler:

Nehmen Sie die Arbeit freundlich auf, es hat so lange gedauert bis ich in diesem Trubel die Idee ausreifen lassen konnte. Was es vorstellt ist ja deutlich zu ersehen aber Sie müssen sich aus diesen Andeutungen wohl oder übel das Bild im Grossen sehr freundlich selbst zusammenbauen, denn in diesem kleinen Format ist es mir nicht anders gegeben mich künstlerisch auszudrücken. Das sieht dann im Grossen wesentlich anders aus und Sie sollen mit mir zufrieden sein. – Der Gegenstand u[nd] die Fassung ist Ihnen hoffentlich recht, ich bin damit nämlich am Rande meines Vermögens angelangt. 100 Ideen habe ich gefasst und wieder verworfen bis ich diese aus dem Chaos herausschälte. Die Arbeit muss heiter u[nd] licht sein. Das fällt mir schon schwer genug, denn wie ein Essayist über mich schrieb, ist meine Domäne das Dämonische. – Lassen Sie es so wie es ist und ich wage alles zu versprechen [...][12]

Pfarrer Köhler war mit der Skizze einverstanden und sandte sie an den Akademischen Rat nach Dresden, wo sie anfangs auch Zustimmung fand.[13] Am 25. Februar schrieb Sascha Schneider in einem Brief an Karl May:

Jetzt habe ich für 14 Tage mit der Einrichtung meiner Wohnung zu tun, denn ich ziehe um.[14]
Dann kommt mein Wolkenburger Altargemälde dran [...][15]

Von einer weiteren Skizze ist in einem Brief Sascha Schneiders an Karl May vom 6. März die Rede:

Zu Ostern[16] habe ich den Carton für das Wolkenburger Gemälde in dresden dem akad[emischen] Rate vorzuführen [...][17]

Die Differenzen mit dem Akademischen Rat nahmen allerdings damit kein Ende, wie ein auf den 21. Mai datierter Brief Schneiders an Johannes Köhler verdeutlicht:

Das Altarbild für Wolkenburg wird, wie es scheint, seine Geschichte haben. Eben zurückgekehrt aus der herrlichsten Natur, aus Corfu,[18] finde ich den Bescheid des akad[emischen] Rates vor, welcher meinen eingesandten Carton ablehnt, mit der Begründung, dass das Motiv (Christus & die 2 Engel) zu arm sei. Ich solle einen andern Carton mit mehr Figuren anfertigen. Nun schreibe ich eben dorthin, dass doch der akad[emische] Rat die Skizze, in welcher bereits diese Idee klar zu Tage lag, genehmigt hatte u[nd] warum man mir solche Bedenken nicht eher mitteilte. Ferner schrieb ich an den akad[emischen] Rat, dass die Gestalt Christi als die weitaus wichtigste die beiden plastischen Engel des Altarraumes[19] zu übertönen habe u[nd] dass auch Sie vom kirchlichen Standpunkt aus dieser Meinung wären. Aus diesem Grunde müsste Christus sehr gross gehalten werden, u[nd] es bliebe so, um mit mehreren lebensgrossen Figuren zu operiren, kein Raum. Ich schlug dem akad[emischen] Rate vor, um meine Überzeugung, die ich im Interesse der Wirkung des Ganzen nicht aufgeben will, durchzusetzen, wolle ich mich mit der Hälfte des Honorars begnügen, wenn man mir freie Hand liesse. Ich malte dann die schwebende Gestalt Christi allein, umrahmt mit Engelsköpfen. – Zu einem reichen Figurenbilde mag ich mich nicht entschliessen. Die Figuren werden zu klein, der Christus dementsprechend, die beiden plastischen Engel dominieren u[nd] es kommt so zuguterletzt auf den status quo ante[20] heraus. Lieber gebe ich dann die Arbeit wieder zurück, denn ich sehe schon voraus, dass ich bei relativ geringem Honorar in grosse Arbeit u[nd] Ärger hineinkomme, ohne dabei irgendwelchen Ruhm zu gewinnen [...][21]

Gemälde

Sascha Schneider konnte seine Idee letztendlich durchsetzen und schuf in Weimar das oben abgebildete Gemälde. Trotzdem bereitete ihm die Arbeit daran keine Freude. Am 14. Juli 1905 schrieb er darüber an Karl May:

Ich arbeite heftig an meinem Altargemälde. Noch nie bin ich einer Arbeit so überdrüssig gewesen. Jetzt erklärt der Pastor er mag das Bild überhaupt nicht, Sie werden sehen es kommt noch zu einem rencontre.[22][23]

Ebenso in einem weiteren Brief vom 17. August:

Nun will ich, da durch die Arbeit an dem mir verhassten Altarbild meine Nerven wieder gründlich striken, am Sonntag[24] auf 14 Tage bis 3 Wochen verreisen [...] in einer Weise, dass mich keine Nachricht erreichen kann.[25][26]

Zum Kirchweihfest am 30. Oktober sollte die Übergabe des Bildes in Wolkenburg stattfinden. Bereits am 24. September hatte der Weimarer Professor Pastor emeritus Otto Eggeling (* 1836; † ?), Dozent der Kunstgeschichte und Ästhetik, in der Weimarischen Landeszeitung eine positive Kritik des inzwischen wohl fertiggestellten Bildes veröffentlicht.[27] Am 3. Oktober teilte Sascha Schneider dem Pfarrer Köhler brieflich mit: Den Termin: 30. Oktober können wir nicht festhalten.[28] Der Grund dafür war, dass zuguterletzt ein förmlicher Pilgerzug zu dem Bilde stattfand.[29] Außerdem hatte der Großherzog Wilhelm Ernst von Sachsen-Weimar-Eisenach (* 1876; † 1923) Interesse gezeigt, das Bild in Schneiders Atelier zu besichtigen.

Erst am 3. Dezember 1905, dem ersten Sonntag im Advent, wurde das Altarbild bei einem Festgottesdienst der Wolkenburger Kirchgemeinde übergeben.[30]

Zwei Tage später schrieb Sascha Schneider auf einer Postkarte an Karl May – möglicherweise auf die Kritik Eggelings oder einen Nachdruck davon Bezug nehmend:

Wenn Sie jetzt den Artikel über mein Wolkenburg Altargemälde Wolff[31] geben würden, so wäre ich Ihnen dankbar.[32]

Das Altarbild Christi Himmelfahrt ist noch heute in der Wolkenburger Kirche zu sehen.

Motiv

Sascha Schneider orientierte sich bei der Darstellung der Himmelfahrt Christi sehr genau an den biblischen Texten.
Vom segnenden Christus ist im Lukasevangelium die Rede:

Und es geschah, als er sie segnete, schied er von ihnen und fuhr auf gen Himmel.[33]

In der Apostelgeschichte werden in dem Zusammenhang zwei Männer genannt, die in Schneiders Entwurf als Engel dargestellt waren:

Und als er das gesagt hatte, wurde er zusehends aufgehoben, und eine Wolke nahm ihn auf vor ihren Augen weg. Und als sie ihm nachsahen, wie er gen Himmel fuhr, siehe, da standen bei ihnen zwei Männer in weißen Gewändern. Die sagten: Ihr Männer von Galiläa, was steht ihr da und seht zum Himmel? Dieser Jesus, der von euch weg gen Himmel aufgenommen wurde, wird so wiederkommen, wie ihr ihn habt gen Himmel fahren sehen.[34]

Kritiken

In seinem Aufsatz in den Mitteilungen der Karl-May-Gesellschaft Nr. 94 schreibt Manfred Hecker:

Man bedenke: bei geöffneter Haupttür leuchtet dem Eintretenden vom Altar her – auf schimmerndem Goldgrund (an eine Ikone gemahnend), blaßgrau hervorgehoben mit braunem Haupthaar und mit einem in hellem Blau gehaltenen schleierartigen Gewand umgeben – ein unter dem Gewand plastisch als Mann erkennbarer Christus entgegen. Umrahmt von rosigen Engelköpfchen (wohl individuelle Züge tragend) mit hellschimmernden Flügeln, goldenen Sternen über den Häuptern, auf preußischblauem Hintergrund.[35]

Annelotte Range äußert sich in ihrer Dissertation über Sascha Schneider zu diesem Bild:

Beibehalten von der ursprünglichen Projektierung ist die einheitlich weiß-graue Farbgebung für das knöchellange Gewand und die Wolkenformationen, die Christus bis zur Brust einhüllen. Die Transparenz, die den Körper Christi durchscheinen läßt, wird noch heutzutage als provokativ empfunden.
Oberhalb der Wolkenzone, die zwei Drittel der Bildfläche einnimmt, ist der Himmel [...] mit Gold besetzt [...] Vor dieser kostbaren Folie erheben sich das blondgelockte, nimbierte Haupt Christi und die im Segensgestus erhobene Rechte. In den windbewegten Haaren dokumentiert sich die Bewegung des Hinauffahrens. Cherubsköpfchen auf azurblauem Grund, jedes ein Individuum, umziehen als Binnenrahmen den auffahrenden Christus: je fünf an den Längsseiten, zwei als untere und ein größeres als obere Begrenzung, die weitgespannten Flügel der Bogenform anpassend [...] Das Motiv des Schwebens ist durch die auf den Kopf gestellten Cherubsköpfe sehr originell auf den ganzen Bildkörper, d. h. Rahmen und Innenbild, ausgedehnt.[36]

Anmerkungen

  1. Hecker: Das Altarbild von St. Mauritius, S. 10.
  2. Hecker: Das Altarbild von St. Mauritius, S. 10.
  3. Gemeint ist der 3. August.
  4. Ziel eines geplanten gemeinsamen Ausflugs.
  5. Steinmetz/Vollmer: Briefwechsel mit Sascha Schneider, S. 99; dort auch die vorige Anmerkung.
  6. Steinmetz/Vollmer: Briefwechsel mit Sascha Schneider, S. 107 f.
  7. Zitiert nach: Range: Zwischen Max Klinger und Karl May, S. 114.
  8. Hecker: Das Altarbild von St. Mauritius, S. 11.
  9. Zitiert nach: Range: Zwischen Max Klinger und Karl May, S. 114.
  10. Steinmetz/Vollmer: Briefwechsel mit Sascha Schneider, S. 124.
  11. Range: Zwischen Max Klinger und Karl May, S. 115.
  12. Zitiert nach: Range: Zwischen Max Klinger und Karl May, S. 115.
  13. Range: Zwischen Max Klinger und Karl May, S. 115 f.
  14. Im März 1905 zog Schneider in Weimar um: von der Wörthstraße 22II in die Henßstraße 10II.
  15. Steinmetz/Vollmer: Briefwechsel mit Sascha Schneider, S. 141.
  16. Der Ostersonntag fiel 1905 auf den 23. April.
  17. Steinmetz/Vollmer: Briefwechsel mit Sascha Schneider, S. 146.
  18. Im April und Mai 1905 unternahm Schneider eine Reise auf den Balkan und nach Korfu.
  19. Rechts und links vom Altar der Kirche stehen zwei 2 m hohe Engelfiguren mit Opferschale und Rauchfass, die 1805/10 als Eisenkunstguss-Plastiken des Lausitzer Lauchhammerwerkes entstanden waren. Vgl. Range: Zwischen Max Klinger und Karl May, S. 116, Anm. 373.
  20. Lateinisch, etwa: vorheriger Zustand.
  21. Zitiert nach: Range: Zwischen Max Klinger und Karl May, S. 116.
  22. Französisch: Zusammenstoß.
  23. Steinmetz/Vollmer: Briefwechsel mit Sascha Schneider, S. 159.
  24. Gemeint ist der 20. August.
  25. Im August und September 1905 weilte Sascha Schneider in Südtirol.
  26. Steinmetz/Vollmer: Briefwechsel mit Sascha Schneider, S. 167.
  27. Range: Zwischen Max Klinger und Karl May, S. 117.
  28. Zitiert nach: Hecker: Das Altarbild von St. Mauritius, S. 11.
  29. Zitiert nach: Range: Zwischen Max Klinger und Karl May, S. 115.
  30. Range: Zwischen Max Klinger und Karl May, S. 117.
  31. Der Chefredakteur der "Dresdner Neuesten Nachrichten" Julius Ferdinand Wollf.
  32. Steinmetz/Vollmer: Briefwechsel mit Sascha Schneider, S. 191; dort auch die vorige Anmerkung.
  33. Evangelium nach Lukas, Kapitel 24, Vers 51. In: Die Lutherbibel 1984. (Onlinefassung).
  34. Apostelgeschichte des Lukas, Kapitel 1, Verse 9-11. In: Die Lutherbibel 1984. (Onlinefassung).
  35. Hecker: Das Altarbild von St. Mauritius, S. 11.
  36. Range: Zwischen Max Klinger und Karl May, S. 116 f.

Literatur

Weblinks