Alban Frisch: Unterschied zwischen den Versionen

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Aktuelle Version vom 20. Oktober 2019, 17:33 Uhr

Grabstelle von Alban Frisch auf dem Hohensteiner Friedhof,
Foto vom April 2014
(rechts oben)

Dr. Alban Immanuel Frisch (* 21. Oktober 1856; † 28. März 1934) war der Herausgeber und Redakteur des Hohenstein-Ernstthaler Tageblatts.

Alban Frisch und Karl May[Bearbeiten]

Willy Winter und die Rezension[Bearbeiten]

Die Geschäftsstelle des Hohenstein-Ernstthaler Tageblatts befand sich 1906 in Hohenstein-Ernstthal, Schulstraße 31 (heute: Nr. 6). Ins gleiche Haus war der Lehrer und Karl-May-Leser Willy Winter eingezogen, der mit Karl und Klara May im Briefkontakt stand. In einem Brief an Klara May schrieb Winter am 16. Juli 1906 in einem Brief:

Persönliche Bitten haben nun beim Redakteur, Herrn Dr. A. Frisch, bewirkt, daß er mir versprochen hat etwas über Ihres Mannes neuestes Werk [nämlich das Drama Babel und Bibel] zu drucken.[1]

Winter versuchte mehrfach, Alban Frisch zum Abdruck von Maximilian von Witzlebens Rezension zu Mays Drama aus dem Hildesheimer Kurier vom 13. Juni 1906 zu bewegen, hatte damit aber letztlich keinen Erfolg.[2] Schließlich resignierte Willy Winter, wie er am 8. Dezember an Karl May schrieb:

Ich habe aufgehört, Herrn Dr. Frisch zu bitten, es hilft nichts, ein Versprechen von seiner Seite löst das andere ab [...] Ich habe deshalb den Aufsatz dem Ernstthaler Reporter, einem Herrn Meyer, übergeben [...][3]

Tatsächlich erschien der Artikel mit Oscar Clemens Meyers Hilfe im Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger, dem Konkurrenzblatt des Tageblatts.[4] Über Alban Frischs mangelnde Reaktion darauf berichtete Winter am 17. Januar 1907 in einem Brief an Klara May:

Herr Dr. Fr[isch] sagte bisher garnichts. Er sieht mich aber mit so merkwürdigen Augen an, als hätte er mir etwas zu sagen. Ich glaube, er will nicht mehr davon sprechen [...] Ich weiß deshalb gar nicht, ob er von beiden Artikeln Notiz genommen hat.[5]

Willy Winter, dessen May verteidigende Einsendung mit dem Kürzel W. am 12. Mai im Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger abgedruckt worden ist, schrieb am 14. Mai an Klara May zu Alban Frisch:

Jetzt ist er überrumpelt und gezwung[en] entweder für oder gegen Karl May Stellung zu nehmen, oder aber als unverantwortlicher Redakteur die Sache an den Nagel zu hängen und gleichgültig zu bleiben.[6]

Über Alban Frischs Reaktion auf diesen Leserbrief ist nichts bekannt.

Pressefehde[Bearbeiten]

Am 14. April 1910 berichtete das Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt (weitgehend wörtlich übereinstimmend mit den Dresdner Nachrichten vom 13. April) über Karl Mays Niederlage im Beleidigungs-Prozess gegen Rudolf Lebius am 12. April vor dem Schöffengericht in Charlottenburg.[7]

Über das von May angestrengte Berufungsverfahren gegen Lebius hieß es am 28. Juni im Tageblatt:

Er [nämlich Karl May] gibt jetzt zu, daß er in seiner Jugend Vorstrafen erlitten habe, was er in der Verhandlung vor dem Charlottenburger Schöffengericht bestritten hatte.[8]

Aufgrund dieser beiden Artikel stellt May am 11. Juli 1910 beim Königlichen Amtsgericht Hohenstein-Ernstthal Strafantrag gegen Dr. Alban Frisch als Verleger und Herausgeber sowie gegen Wilhelm Lippacher als verantwortlichen Redakteur:

Beide Artikel enthalten Beleidigungen der schwersten Art.[9]

Am 15. August verfasst Karl May eine Privatklage gegen Frisch und Lippacher wegen der beiden im Strafantrag genannten Zeitungsartikel:

Die Beschuldigten haben sich [...] sowohl der üblen Nachrede als auch der Beleidigung schuldig gemacht, mich in der öffentlichen Meinung tief herabgewürdigt und meinen Kredit, wie ich nachzuweisen vermag, in hohem Grade geschädigt.[10]

Diese Privatklage schickt er am 16. August eingeschrieben an Alban Frisch, nicht aber an das Amtsgericht, in der irrigen Ansicht, es genüge, die Beschuldigten davon zu informieren.[11]

In einem Antwortbrief auf Lebius' Äußerungen, den Karl May am 19. August verfasst und der Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger am 23. August abgedruckt hat, heißt es über Alban Frisch:

Will ich das Übel [nämlich die "Räubergeschichten" über May] mit der Wurzel ausrotten, so muß das dort geschehen, wo die Wurzel steckt, also in Hohenstein-Ernstthal. Darum habe ich erst Krügel verklagt, und darum hat nun auch Dr. Frisch die Klage von mir erhalten [...] Ich werde meine Klage gegen ihn und die auf sie folgenden Schriftsätze ebenso veröffentlichen, wie er seine Beleidigungen in die Zeitung setzte [...] Der einfache Arbeiter Krügel hat [...] seinen Fehler öffentlich und gerichtlich gutgemacht und den großen, moralischen Mut besessen, seinen persönlichen Teil zur Entlarvung des Hauptschuldigen beizutragen. Nun stehe ich vor der Frage: Wird Dr. Frisch, der hoch über dem armen Arbeiter stehende, akademisch gebildete Herausgeber, Hauptredakteur und spiritus rector ebenso ehrenhaft handeln? [...] Wir werden ja sehen![12]

Darauf antwortete Alban Frisch bereits am 24. August mit einem Artikel im Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt, er werde May und seine literarischen Sünden vor der gesamten deutschen Oeffentlichkeit würdigen. Eine Klage sei ihm bisher noch nicht zugestellt worden.[13]

Am gleichen Tag erteilte May dem Rechtsanwalt Karl Böhm aus Hohenstein-Ernstthal eine Vollmacht in der Privatklagesache.[14] Diese überreichte Böhm am 3. September dem Amtsgericht.[15]

Auf Frischs Artikel wiederum antwortete Karl May mit einem Brief an die Redaktion des Hohenstein-Ernstthaler Anzeigers, der am 26. August in dieser Zeitung veröffentlicht wurde. Darin führte er die Beleidigungen aus den Tageblatt-Artikeln noch einmal auf, wies auf seine Privatklage hin, die er an Alban Frisch geschickt hatte und ging auf die Würdigung seiner literarischen Sünden ein:

Also er [nämlich Frisch] will nicht etwa das tun, was einfach seine Pflicht und Schuldigkeit ist, nämlich nachweisen, daß seine Beleidigungen auf Wahrheit beruhen, sondern er will noch weiter schimpfen, schimpfen und seine Schuld und Beweisunfähigkeit hinter diesen Schimpf verstecken! So pflegten wir zu tun, als ich noch ein kleiner Junge war.[16]

Privatklage[Bearbeiten]

Am 27. August reichte Mays Rechtsanwalt Karl Böhm dem Amtsgericht Hohenstein-Ernstthal die Abschriften der Privatklage vom 15. August nach, woraufhin am 30. August die Klageschrift den Beschuldigten, Alban Frisch und Wilhelm Lippacher, zugestellt wurde.[17]

Ein weiterer Artikel Karl Mays gegen Frisch erschien am 31. August, wiederum im Anzeiger:

Es ist unwahr, daß Herr Dr. Frisch der Angegriffene ist. Ganz abgesehen von den Angriffen in seinem Tageblatte kann ich einige Dutzend einwandfreie Zeugen bringen, welche gern beweisen, in welcher Weise er sich privat und in offenen Restaurationen über mich auszudrücken pflegt.[18]

An diesem Tag beantragten Alban Frisch und Wilhelm Lippacher beim Amtsgericht Hohenstein-Ernstthal,

die öffentliche Verhandlung so lange auszusetzen, bis die verschiedenen Prozesse May gegen Lebius und Lebius gegen May zur Entscheidung gekommen sind [...]

Dem Antrag wurde nicht stattgegeben.[19]

Karl Böhm reichte am 16. September einen Schriftsatz an das Amtsgericht ein, in dem er wegen des Tageblatt-Artikels vom 24. August gegen Frisch und Lippacher Strafantrag stellte und Privatklage erhob.[20]

Am 24. September bat Alban Frisch auch im Namen Wilhelm Lippachers das Amtsgericht Hohenstein-Ernstthal um eine Fristverlängerung zur Beantwortung der Klage bis zum 20. Oktober d[ieses] J[ahres].[21] Karl Mays Rechtsanwalt Böhm beantragte am 5. Oktober, diese Frist nicht zu verlängern. Der Amtsrichter gab aber dem Antrag Frischs statt.[22]

Ihre Klagebeantwortung verfassten Alban Frisch und Wilhelm Lippacher am 15. Oktober, reichten sie jedoch erst am 20. ein. Darin wiesen sie den Vorwurf der Beleidigung zurück und fügten als Beweismittel verschiedene Presseartikel über den Charlottenburger Prozess May ./. Lebius bei. Diese hatten sie möglicherweise durch Lebius' Rechtsanwalt Paul Bredereck erhalten.[23]

Am 27. Oktober bat Karl Böhm das Amtsgericht darum, in der Klage die Entschließ[un]g auf etwa 8 Tage auszusetzen.[24] Alban Frisch ergänzte derweil am 29. Oktober seine Erklärung vom 19. um weitere Presseartikel.[25]

Karl May selbst verfasste am 17. November einen Schriftsatz an das Hohenstein-Ernstthaler Amtsgericht. Darin ging er noch einmal auf die Beleidigungen, Unwahrheiten und Verleumdungen ein, die das Tageblatt gegen ihn gebracht hatte.[26]

Gerichtsverfahren[Bearbeiten]

Am 5. Dezember 1910 eröffnete das Amtsgericht Hohenstein-Ernstthal das Verfahren May ./. Frisch und Lippacher. Der Termin der Haupftverhandlung wurde auf den 20. Dezember, 9 Uhr morgens, festgesetzt. Der Tageblatt-Artikel wurde als Gegenstand des Verfahrens abgelehnt.[27] Am 8. Dezember bestätigte Karl Mays Dienstmädchen Klara Schellenberger den Eingang der Postzustellungsurkunde über den Eröffnungsbeschluss des Verfahrens.[28]

Am gleichen Tag reichte der Rechtsanwalt Karl Böhm neben Mays Schriftsatz vom 17. November 33 Druckschriften beim Amtsgericht ein.[29] Sofortige Beschwerde gegen die Zurückweisung des Artikels vom 24. August reichte Böhm am 13. Dezember ein und gab an, die Begründung binnen 24 Stunden nachzureichen. Dies geschah tatsächlich am 14. Dezember. Der Rechtsanwalt fand in dem Artikel den Vorwurf literarischen Diebstahls oder unsittlicher Schriftstellerei.[30]

Vergleich[Bearbeiten]

Ebenfalls am 14. Dezember traf sich Karl May in Hohenstein-Ernstthal mit Alban Frisch, um einen außergerichtlichen Vergleich mit Alban Frisch zu schließen. Frisch gab dabei an:

1.) Daß er Karl May nicht habe beleidigen wollen.
2.) Daß er Berichte im Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt nachgedruckt habe, ohne Zeit und Gelegenheit genommen zu haben, dieselben auf ihre Richtigkeit nachzuprüfen.
3.) Daß er in Zukunft nicht in gehässiger oder verletzender Form über Karl May schreiben werde.[31]

Daraufhin erklärte May, die Privatklage und den Strafantrag zurückzuziehen. In beiderseitigem Einverständnis wurde der Vergleich nicht veröffentlicht.[32] Am 16. Dezember reichte Karl May den außergerichtlichen Vergleich mit Alban Frisch persönlich beim Amtsgericht Hohenstein-Ernstthal ein und zog die Privatklage gegen Frisch und Lippacher zurück.[33]

Am 20. Dezember wurde das Verfahren May ./. Frisch und Lippacher aufgrund des Vergleichs offiziell eingestellt; die angefallenen Kosten hatte Karl May zu tragen.[34]

Über weitere Kontakte Karl Mays zu Alban Frisch ist nichts bekannt.

Ausklang[Bearbeiten]

Nach Karl Mays Ableben am 30. März 1912 schrieb Alban Frisch am 3. April im Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt:

Und der Tod löscht Kampf und Streit und vor den Augen unserer Bürgerschaft steht das Kind unserer Stadt, das allezeit treu zu ihr gehalten hat.[35]

Anmerkungen[Bearbeiten]

  1. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik IV, S. 48.
  2. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik IV, S. 64, 93.
  3. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik IV, S. 115.
  4. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik IV, S. 118.
  5. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik IV, S. 138 f.
  6. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik IV, S. 198.
  7. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik V, S. 93.
  8. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik V, S. 189.
  9. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik V, S. 207.
  10. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik V, S. 266 f.
  11. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik V, S. 267.
  12. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik V, S. 272 f.
  13. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik V, S. 277.
  14. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik V, S. 278.
  15. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik V, S. 298.
  16. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik V, S. 281.
  17. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik V, S. 285 f.
  18. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik V, S. 288 f.
  19. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik V, S. 294.
  20. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik V, S. 310.
  21. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik V, S. 319.
  22. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik V, S. 332.
  23. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik V, S. 338.
  24. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik V, S. 343.
  25. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik V, S. 344.
  26. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik V, S. 353 f.
  27. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik V, S. 372 f.
  28. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik V, S. 375.
  29. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik V, S. 375.
  30. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik V, S. 378.
  31. Schmidt: Die Beziehungen, S. 90.
  32. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik V, S. 379.
  33. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik V, S. 381.
  34. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik V, S. 385.
  35. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik V, S. 622.

Literatur[Bearbeiten]

Informationen über Zeitgenossen Karl Mays finden Sie im Namensverzeichnis Karl May – Personen in seinem Leben von Volker Griese unter Mitwirkung von Wolfgang Sämmer.

KMChronik winz frontal.jpg Die fünfbändige Karl-May-Chronik ist ein Standardwerk der Karl-May-Forschung. KMChronik winz.jpg

Dieter Sudhoff/Hans-Dieter Steinmetz: Karl-May-Chronik I bis V. Sonderbände zu den Gesammelten Werken.
Karl-May-Verlag BambergRadebeul 2005/2006. ISBN 978-3-7802-0170-6
Sie ist erhältlich beim Karl-May-Verlag.