Zeig mir den Stern, den ich dir holen soll (Gedicht)

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Zeig mir den Stern, den ich dir holen soll ist ein Gedicht von Karl May.

Text[Bearbeiten]

Zeig mir den Stern, den ich dir holen soll;
Ich steig hinauf und hol ihn dir herunter.
Dann wirst du sehen, daß er Zoll für Zoll
Nichts andres ist als all dein Erdenplunder.
Sag mir den Ort, wo deine Sonne brennt;
Ich will sie Strahl um Strahl vor dir zergliedern,
Und wenn dein Mund sie dann noch Sonne nennt,
So will kein Wort, kein Wort ich dir erwidern.
Gib mir das Licht, in dem der Tag erwacht,
Damit ich's dir am Prisma wieder reiche
Und seine ganze, ganze Himmelspracht
Als größte Lüge deines Auges zeige.
Sprich von der Wärme, die von oben stammt,
Ich aber will dich an den Abgrund führen,
In dem das einzig wahre Feuer flammt,
Das alle Kreaturen in sich spüren.
Schau nur empor und immer nur empor;
Streng deine Augen an, bis du erblindest;
Es gibt dort oben weder Tür noch Tor,
Durch welche du den Weg zur Wahrheit findest.
Doch, hättest du, wie ich, den Heldenmut,
Den kühnen Sprung ins Gähnende zu wagen,
So würde dich der Hölle Flammenglut
Als Gottesfunken auf zum Himmel tragen.[1]

Textgeschichte[Bearbeiten]

Verfasst wurde dieses Gedicht am 8. Oktober 1902 auf der Bahnfahrt von Dresden nach Linz. Dies war der Beginn des dritten Teils einer Rundreise, den Karl May mit Klara Plöhn unternahm, nachdem seine Scheidung von Emma bereits beschlossene Sache war.[2]

Das Poem selbst gehört zur Sammelmappe Wüste. Es trägt den Vermerk Bahnfahrt von Dresden nach Linz, 8./10. 02. und gehört zur wörtlichen Rede des Scheitan. Die zweite Zeile der zweiten Strophe ist durch May mit der Anmerkung versehen:

Hierauf antwortet der Engel oder sonst wer: Nicht das Licht ist Lüge, sondern das Prisma lügt. So auch das Himmelslicht. Es ist Eins, ist Wahrheit. Aber im Prisma (Dogma) wird es vergewaltigt.[3]

aktuelle Ausgaben[Bearbeiten]

Anmerkungen[Bearbeiten]

  1. KMJb 1922, S. 48.
  2. Dieter Sudhoff/Hans-Dieter Steinmetz: Karl-May-Chronik III. Sonderband zu den Gesammelten Werken. Karl-May-Verlag Bamberg–Radebeul 2005, S. 121 f. ISBN 978-3-7802-0170-6.
  3. KMJb 1922, S. 48.

Literatur[Bearbeiten]