Rezeption (1913-1933)

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Die Rezeption bis zum Ende der Weimarer Republik

Als Karl May am 30. März 1912 starb, war sein Ruf als Mensch und Schriftsteller durch die jahrelangen unglückseligen Prozesse weitgehend ruiniert. Auch der Absatz seiner Bücher war drastisch zurückgegangen. Fast schien es so, als hätten seine Gegner doch noch ihr Ziel erreicht, Karl May in der Öffentlichkeit zu erledigen.

In dieser schwierigen Situation gründeten am 1. Juli 1913 die Witwe Klara May, der May-Verleger Friedrich Ernst Fehsenfeld und der Jurist Dr. Euchar Albrecht Schmid in Radebeul den Verlag der Karl-May-Stiftung (ab 1.1.1915: Karl-May-Verlag).

Der Verlag stellte sich die Aufgabe, Karl Mays Gesamtwerk zu edieren, Leben und Werk des Autors zu erforschen und sein Bild in der Literaturkritik und der Öffentlichkeit zu korrigieren Verlagsleiter Dr. Schmid gelang es, die langwierigen Prozesse zum Abschluß zu bringen und durchweg die Rechte an Mays Werken zu erwerben.

Kaum begonnen, wurde die schwierige Aufbauarbeit am Verlag und am Vermächtnis Karl Mays durch den ersten Weltkrieg (1914-1918) schon wieder erschwert. Der Karl-May-Verlag (KMV) edierte zunächst eine Reihe von Feldpostausgaben für die kaiserlich-deutsche Armee.

Noch während des Krieges kam es 1917/18 zu neuen Auseinandersetzungen um Karl May. Im 18. Band des „Biographischen Jahrbuches und deutschen Nekrologes“ veröffentlichte Alfred Kleinberg einen Beitrag über May, welcher voll Unwahrheiten und Verleumdungen war. Karl-May-Verleger Dr. Schmid ging dagegen energisch und letztlich auch erfolgreich vor. Der Artikel wurde in den Bänden ausgetauscht, Verfasser Alfred Kleinberg und Herausgeber Anton Bettelheim kündigten ihre Mitarbeit am Jahrbuch. In der Folge entstand eine ganze Reihe von Pro- und Contra-Veröffentlichungen. Letztlich aber ging Karl Mays Vermächtnis gestärkt aus den Auseinandersetzungen hervor.

Das Ende des ersten Weltkrieges, der Zusammenbruch des deutschen Kaiserreiches und die Gründung der Weimarer Republik brachten auch der Literatur viele Impulse, viel Bewegung, aber auch viel Unruhe. Im Gefolge der gescheiterten Revolution von 1918 kam es in der deutschen Literatur zu Diskussionen um die Neubewertung der verschiedenen Strömungen. Allgemeine Tendenz war es, eine Gefahr für die junge Republik von links zu sehen.

In der katholisch-konservativen Zeitung „Die Hochwacht" gab es im Jahr 1918 eine Diskussion über Schmutz-, Schund- und Volksliteratur, in der auch auf Karl May Bezug genommen wurde. Ludwig Gurlitt stellte dabei May als idealen „Jugendschriftsteller“ dar, und bestätigte ihm, er „hat die Seelen in Bewegung gesetzt". Otto Eicke gesteht May zu, er „vermittelt ... unbestreitbare ethische Werte". Werner Mahrholz schrieb im November 1918 im „Literarischen Echo": „May verstand, was die wenigsten seiner Kollegen von der hohen Literatur aus seiner Generation konnten, wirklich erzählen" und „Für die Dichtung unserer Tage bedeutet der Erfolg Karl Mays eine Mahnung: große Stoffe, bedeutende Handlungen, erhebende Gefühle, tiefe Gedanken allein vermögen das Volk zu ergreifen, nur in großen Bildern kann man ihm seine Nöte und Leiden, Freuden und Seligkeiten deuten und gestalten".

Einen wesentlichen Anteil am Umschwung der öffentlichen Meinung hin zu Mays Anerkennung hatten auch die "Karl-May-Jahrbücher", die von 1918 bis 1933 unter verschiedener Herausgeberschaft erschienen In ihnen wurden meist in populärer Darstellungsweise Abhandlungen über Mays Leben und Werk, Leseerfahrungen u. ä. veröffentlicht. Auch wenn ihr wissenschaftlicher Wert heute umstritten ist, ihre zeit- und wirkungsgeschichtliche Bedeutung sollte nicht unterschätzt werden.

Ernst Bloch rehabilitierte May in einem Artikel in der „Frankfurter Zeitung" am 31.3 1929, als einen „der besten deutschen Erzähler, und er wäre vielleicht der beste schlechthin, wäre er kein armer, verwirrter Prolet gewesen".

In den zwanziger Jahren begann sich ein neuer May-Kritiker zu profilieren, der noch über Jahrzehnte, in wechselnden Zeiten, mit wechselnden Vorzeichen, unerbittlich gegen den Autor und sein Vermächtnis vorging: Wilhelm Fronemann. Aus der Jugendschriftenbewegung um Heinrich Wolgast kommend, entsprachen seine Kritiken zunächst den Zielen dieser Bewegung. In der „Jugendschriftenwarte" schrieb er 1931, dass May „nach Charakter und geistigem Rang nicht die geringste Eignung zum Volks- und Jugenderzieher hat". In Mays Werken sieht er „keine Spur von echter Dichtung“ und „literarisch charakterlose Kolportage".

Die zwanziger Jahre brachten insgesamt eine gewisse Beruhigung im Karl-May-Streit. Vor allem dank der Bemühungen des KMV war es gelungen, das Ansehen Karl Mays als Schriftsteller in der Öffentlichkeit wieder in ein einigermaßen positives Bild zu setzen. Das drückte sich natürlich auch in einem Anstieg der Auflagenzahlen der Gesammelten Werke aus, von 1,6 Mill. Bänden (1913) stieg die Zahl auf 4,3 Mill (1926). Der KMV hatte in diesen Jahren die Reihe der Gesammelten Werke schon beträchtlich erweitert. Vor allem die einst umstrittenen Münchmeyer-Romane und andere Frühwerke Mays wurden in teils erheblicher Bearbeitung der Reihe angegliedert. Die Bearbeitungspraxis des KMV ist allerdings bis heute sehr umstritten

Einen deutlichen Popularitätsaufschwung für May und den KMV dürfte auch die Eröffnung des Karl-May-Museums in Radebeul am 1. Dezember 1928 gebracht haben. Es zeigt vor allem indianische Sammelstücke aus dem Besitz des weitgereisten Artisten Ernst Tobis, genannt Patty Frank, der für Jahrzehnte Leiter des Museums wurde, aber auch aus dem Nachlass von Karl May sowie aus Ankäufen von Klara May.