Pädagogische Briefe für Aufsichtsbeamte an Strafanstalten

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Titelblatt 1. Auflage
Titelblatt 2. Auflage
Textbeginn 1. Auflage

Pädagogische Briefe für Aufsichtsbeamte an Strafanstalten ist ein Buch von Alexander Krell, dem Oberinspektor an der Strafanstalt Schloss Osterstein in Zwickau. Es erschien 1863 im Verlag der Richter’schen Buchhandlung in Zwickau, eine zweite Auflage erschien 1873. Das Buch wurde gedruckt mit Genehmigung des Königlich Sächsischen Ministeriums des Inneren und ist dem Landesanstalts-Direktor zu Zwickau, Eugène d'Alinge, gewidmet. Dem Werk ist das von d'Alinge stammende Motto "Ich habe keinen Begriff von Strafe, die nicht auf Besserung und Erziehung berechnet ist" vorangestellt.

Inhalt[Bearbeiten]

In zwölf Briefen, die ein väterlicher Freund an einen angehenden Anstaltsbeamten richtet, werden diesem dessen zukünftige Aufgaben und das Verhalten, welches man von ihm erwartet, beschrieben.

  • Erster Brief: Einleitung. Veranlassung. Wichtigkeit. Standpunkt
  • Zweiter Brief: Auffassung des Berufes. Irrige Meinungen. Schattenseiten, Lichtseiten
  • Dritter Brief: Der Aufseher muß wissen, wie er dran ist. Was muß der Aufseher in den Dienst mitbringen? An Kenntnissen und Fertigkeiten. Prüfungsaufgaben. Führung der Journale. Bedarfsanzeigen. Disciplinaranzeigen. Beurtheilung. Anzeigen an den Arzt, Geistlichen und Lehrer. Schriftliche Auslassungen über gewerbliche Angelegenheiten. Kenntniß vom Handwerk. Sinn für Arbeit und Bildung.
  • Vierter Brief: Eigenschaften des Charakters. Ruhe; nicht Gleichgültigkeit. Festigkeit; nicht Starrsinn. Gerechtigkeit; nicht Parteilichkeit. Strenge; nicht Härte und Nachträglichkeit. Gewissenhaftigkeit; nicht Pedanterie. Offenheit; nicht Grobheit. Eigenschaften des Herzens. Irrige Meinungen darüber. Theilnahme. Ungeheuchelte Frömmigkeit.
  • Fünfter Brief: Das Verhalten des Aufsehers gegen seine nächsten Vorgesetzten. Gegen den Direktor; den Anstaltsgeistlichen; den Arzt; den Arbeitsinspektor.
  • Sechster Brief: Das Verhalten des Aufsehers gegen die Gefangne im Allgemeinen. Der innere Dienst. Der Zustand der Gefangnen. Die Vorstudien des Aufsehers und ihr Werth. Behandle die Gefangenen mit Vorsicht; mit Strenge. Individualisiere.
  • Siebenter Brief; Das Verhalten des Aufsehers gegen die Gefangnen im Besonderen. Wie sind die Rathschläge dafür aufzufassen? Nothwendigkeit des Individualisierens. Das Verhalten gegen Isolierte. Allgemeine Vorschriften. Gegen Neueingelieferte. Zur Strafe Isolierte. Gegen Gebildete.
  • Achter Brief: Verhalten bei gewissen Gemüthszuständen: gegen den Verzweifelten; gegen den Empfindlichen; gegen den Abgestumpften und Gleichgültigen; gegen den Leichtsinnigen; gegen den Boshaften; gegen den Onanisten.
  • Neunter Brief: Verhalten gegen Collektivgefangne. Gewöhne Sie zur Ordnung; Reinlichkeit; zum Fleiße; zur Arbeit. Erziehung in der Gemeinschaftshaft. Der Leichtsinn. Die Bosheit. Die Rohheit. Die Heuchler und Schmeichler. Die Stumpfen und Gleichgültigen. Die Faulen und Arbeitsscheuen.
  • Zehnter Brief: Das Verhalten des Aufsehers in besonderen Verhältnissen. Bei der Einlieferung. Bei der Entlassung. Bei der Ruhe und Erhohlung. Während des Gottesdienstes. Bei den Kranken. Beim Begräbnisse.
  • Elfter Brief: Das Verhalten der Aufseher gegeneinander. Die gegenseitige Achtung. Der verträgliche Sinn; nicht Neid und Mißgunst; nicht Selbstsucht; aber Dienstfertigkeit und Gefälligkeit; gegenseitige Verständigung; gegenseitige Fortbildung.
  • Zwölfter Brief: Das Verhalten des Aufsehers im bürgerlichen Leben. Er gebe ein Beispiel in allen Verhältnissen. Die Gefahren für den Aufseher in der Gesellschaft. Er sei vorsichtig in Mitteilungen. Sei vorsichtig gegen Entlassene.

Rezeption[Bearbeiten]

Das Buch wurde "in allen Straf- und Correktionsanstalten" von Krells "enger[em] Vaterland Sachsen eingeführt". Im Separatheft zum dritten Band der "Blätter für Gefängniskunde" fand sich eine Notiz, dass auch im Zellengefängnis Bruchsal die "Pädagogischen Briefe" bei den allmonatlichen Besprechungen benutzt werden sollen. Zudem gab es für das Buch auch "freundliche Anerkennung" in Nr. 1 des "Fliegenden Blattes" für die Aufsichtsbeamten an den Strafanstalten und Gefängnissen. Eine "eingehende und überaus freundliche Besprechung" fand sich in den "Blättern für Gefängnißkunde", 1. Band, 4. Heft, S. 42 bis 47. Ende 1871 erschien das Werk zudem in einer schwedischen (Pedagogiska Bref) und in einer finnischen (Kaswatus-opillisia Kirjeità) Übersetzung. Réső Ensel Sándor plante eine Übersetzung ins Ungarische,[1] die vermutlich unter dem Titel Paedagogiai levelek fegyházfelügyelők részére[2] erschien. Da die Nachfrage weiter eine "ziemlich starke" war, nachdem der Band vergriffen war, wurde 1873 eine zweite Auflage herausgegeben.[3]

Bedeutung für Karl May[Bearbeiten]

Die "Pädagogischen Briefe" geben einen Einblick in die Gegebenheiten, die in der Strafanstalt Osterstein während Mays Haftzeit herrschten. Aus dem von Krell verfassten Werk könne man ersehen, was für eine moderne Einrichtung Schloss Osterstein gewesen sei, wie der Musikwissenschaftler und Germanist Thomas Synofzik im Rahmen eines Berichtes zur Ausstellung "Karl May in Zwickau" betont.[4] Ab Ende 1867/Anfang 1868 war Karl May dem Verfasser Krell als Schreiber zugeteilt. Dessen Umgang mit dem Gefangenen May lässt sich aus den in den Briefen aufgestellten Regeln ablesen, da Krell betont, dass sein Werk aus der Praxis hervorgegangen und auch nur für die Praxis geschrieben sei.[5]

Anmerkungen[Bearbeiten]

  1. Blätter für Gefängnisskunde. Band 9, 1875, S. 92.
  2. Eintrag in der ungarischen Wikipedia
  3. Krell: Pädagogische Briefe. Vorwort zur zweiten Auflage, S. IX f.
  4. Sara Thiel: Alles neu macht der May. In: Freie Presse, Literatur, 9. März 2012, S. B1.
  5. Krell: Pädagogische Briefe. Vorwort zur ersten Auflage, S. V f.

Weblinks[Bearbeiten]