Meine Engel (Gedicht)

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Meine Engel ist ein Gedicht von Karl May.

Text[Bearbeiten]

          Meine Engel.
Ich saß im lieben, trauten Stübchen,
  Grad als der Tag dem Abend wich.
Mein kleines, süßes Herzensbübchen
  Schlang seine Aermchen warm um mich.
Da strich, nicht etwa von der Sonne,
  An uns vorbei ein lichter Schein,
Und ich gedachte voller Wonne:
  "Das wird des Kindes Engel sein!"
Ich wachte an dem Krankenlager.
  Es war so düster in dem Raum!
Der Leidenden Gesicht so hager;
  Man unterschied die Züge kaum.
Wir beteten; da plötzlich legte
  Sich um ihr Haupt ein lichter Schein,
Der den Gedanken in mir regte:
  "Das wird der Kranken Engel sein!"
Er stand vor mir im halben Dunkel,
  Die Klinge in der Faust bereit;
Des Augs verrätherisch Gefunkel
  Gab mir zum Weichen nicht mehr Zeit.
Da, als er auszuholen wagte,
  Floß zwischen uns ein heller Schein;
Es sank die Hand; ich aber sagte:
  "Das wird vielleicht dein Engel sein!"
Es lag die Bibel aufgeschlagen,
  Und der Verleumder stand dabei,
Um auf das heilge Buch zu sagen,
  Daß seine Lüge Wahrheit sei.
Da war ein fremder Ton zu hören,
  Wie überirdisch, warnend, fein.
Der Mann schrie auf: "Ich will nicht schwören,
  Denn das, das wird mein Engel sein!"
Bin ich dereinst bereit zum Scheiden,
  Und ihr steht weinend um mich her,
So mag es Tröstung euch bereiten,
  Daß ich zurück zum Vater kehr.
Habt Acht auf einen lichten Schimmer,
  Auf einen Ton, ersterbend lind,
Und trifft es ein, so zweifelt nimmer,
  Daß dies dann meine Engel sind![1]

Textgeschichte[Bearbeiten]

Am 18. Dezember 1900 erschien ein Gedichtband Mays mit dem Titel Himmelsgedanken im Verlag Friedrich Ernst Fehsenfeld.[2] In dieser Ausgabe ist das Gedicht auf den Seiten 101 bis 103 enthalten. Der auf der folgenden Seite abgedruckte Aphorismus lautet:

Wer giebt dir das Recht, über den Glauben Anderer zu lächeln? Du glaubst doch wenigstens ebenso fest wie sie, aber freilich nicht an Gott sondern an die Unfehlbarkeit deiner Trugschlüsse.[3]

aktuelle Ausgaben[Bearbeiten]

Anmerkungen[Bearbeiten]

  1. Karl May: Himmelsgedanken, S. 101–103.
  2. Hainer Plaul/Gerhard Klußmeier: Illustrierte Karl-May-Bibliographie, S. 244.
  3. Karl May: Himmelsgedanken, S. 104.

Weblinks[Bearbeiten]