Komm, Liebling, komm, wir wollen scheiden gehen (Gedicht)

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Komm, Liebling, komm, wir wollen scheiden gehen, später auch Karl für mich, Karl May an Klara May und Am Hochzeitstag genannt, ist ein Gedicht von Karl May.

Text[Bearbeiten]

Komm, Liebling, komm, wir wollen scheiden gehen
  Die Erde hat es uns so leicht gemacht
Ich kann nicht trauernd vor dem Abschied stehen,
  Wenn er so froh in deinen Augen lacht.
Wir wollen Hand in Hand uns niederlegen;
  Zwei Särge, doch ein Grab, so soll es sein,
Und über uns des ewgen Vaters Segen,
  Doch nie und nimmermehr ein Leichenstein!
Und rollt die Erde auf die Särge nieder,
  So lächeln wir beglückt einander zu.
Man singt uns zwar vielleicht dann Sterbelieder,
  Doch die Gestorbnen sind nicht ich und du.
Wir haben ja nur das zurückgegeben,
  Was von der Erde uns geliehen war,
Und stehen beide als vereintes Leben
  Bei unsern Sängern, wenn auch unsichtbar.
Die letzte Stunde naht, Am Firmamente
  Wird Licht um Licht vom Vater aufgestellt.
Er ladet uns zur stillen Jahreswende,
  Zum neuen Sein dort in der andern Welt.
Schau auf! Du sollst in meinen Sternen lesen,
  Was in den deinen längst geschrieben lag:
Wir sind auf Erden nur verlobt gewesen;
  Der Todestag ist unser Hochzeitstag!
Letzter Morgen in Riva. Montag 15/12. 2.[1]

Textgeschichte[Bearbeiten]

Während seiner Rundreise 1902 verfasste Karl May am 15. Dezember 1902 in Riva, wo er sich mit Klara Plöhn aufhielt, das Gedicht. Dieter Sudhoff und Hans-Dieter Steinmetz bemerken in ihrer Karl-May-Chronik III zu diesem Poem:

May nimmt Abschied vom Gardasee mit einem todessehnsüchtigen Treuewort.[2]

Am 30. März 1903 heirateten Karl und Klara May. Am gleichen Tag trug Klara das Gedicht unter der Überschrift Karl für mich: in ihr Tagebuch ein und fügte zwei Bemerkungen an:

Karl v[or] d[er] Entscheidung
30. [3. (?)] 1903

und

Mein Hochzeitsgeschenk von meinem Herzensmanne. –[3]

Es ist allerdings möglich, dass Klara das Poem bereits vor der Hochzeit kannte.

Zu Mays Lebzeiten wurde dieses Gedicht nicht veröffentlicht, sondern erst im Karl-May-Jahrbuch 1919, S. 249–251. Hier erhielt es die Überschrift Karl May an Klara May – 2. Am Hochzeitstag und die Fußnote

Dieses Gedicht hat Karl May seiner Frau am Hochzeitstag, am 30. März 1903, ins Stammbuch geschrieben. Genau 9 Jahre später, am 30. März 1912, starb er.

Außerdem heißt es hier in der letzten Zeile der zweiten Strophe Särgen statt Sängern.[4]

In dieser Form nahm Roland Schmid 1956 in den Band Lichte Höhen auf und formulierte die Fußnote neu:

Dieses Gedicht schrieb Karl May seiner Gattin Klara zum Hochzeitstag, am 30. März 1903, ins Stammbuch. Merkwürdig ist die doppelte Voraussage des Todestages: Karl May starb genau 9 Jahre später, am 30. März 1912; Klara May starb am 31. Dezember 1944 kurz vor Mitternacht, also zur Jahreswende.[5]

Später revidierte Schmid diese Ansicht:

Unter dieser veränderten Voraussetzung [d. h. der viel früheren Entstehung des Poems] verrät die düstere Stimmung nun Todessehnsucht und zugleich die Erwartung, daß die "letzte Stunde" zur "stillen Jahreswende" kommen werde und daß ein solches   g e m e i n s a m e s   Hinscheiden einem Hochzeitstag gleichkäme. Alles erscheint wie von Richard Wagners "Tristan und Isolde" inspiriert.

Außerdem sieht Roland Schmid Parallelen zu Mays Gedicht Sylvester 1902–1903.[6]

aktuelle Ausgaben[Bearbeiten]

  • Roland Schmid (Hrsg.): Karl May an Klara May. Aber nicht: "Am Hochzeitstag". Gedanken zur Entstehung eines Karl-May-Gedichts. Karl-May-Verlag Bamberg 1983, S. [2]–[4]. [Faksimile des Manuskripts und Neusatz]

Anmerkungen[Bearbeiten]

  1. Schmid: Karl May an Klara May, S. [2].
  2. Dieter Sudhoff/Hans-Dieter Steinmetz: Karl-May-Chronik III. Sonderband zu den Gesammelten Werken. Karl-May-Verlag Bamberg–Radebeul 2005, S. 146. ISBN 978-3-7802-0170-6.
  3. Schmid: Gedanken zur Entstehung, S. [5] f.
  4. Schmid: Gedanken zur Entstehung, S. [5] f.
  5. Schmid: Gedanken zur Entstehung, S. [5].
  6. Schmid: Gedanken zur Entstehung, S. [6] f.

Literatur[Bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten]