In die Berge (Gedicht)

Aus Karl-May-Wiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

In die Berge, auch Südwärts, ist ein Gedicht von Karl May.

Text[Bearbeiten]

          In die Berge.
Schon weicht das Flache hinter mir;
  Die Ebene beginnt, zu steigen.
So naht das Herz, Jehovah, dir,
  Wenn hinter ihm die Zweifel weichen.
Es ist, als ob am Horizont
  Ich Bergesspitzen leuchten sähe.
So reinigt, läutert, wärmt und sonnt
  Die Seele sich in Himmelsnähe.
Hinauf, hinauf! Ich raste nicht;
  Ich darf und mag nicht unten bleiben.
Mein frömmstes, herzlichstes Gedicht
  Will ich beim Glühn der Alpen schreiben.
Dann werde ich es heimlich, still,
  In einem Kirchlein niederlegen;
Vielleicht gereicht's, so Gott es will,
  Dem, der es findet, dann zum Segen![1]

Textgeschichte[Bearbeiten]

Eine Pilgerreise in das Morgenland.[Bearbeiten]

Auf seiner Orientreise hielt sich Karl May vom 9. bis 12. April 1899 im Hotel Continental in Port Said auf. Am 11. April verfasste er Nachts 2 Uhr, wie er vermerkt hat, das Gedicht, das er unter dem Titel Südwärts als Nr. 2 in das Manuskript der Gedichtesammlung Eine Pilgerreise in das Morgenland aufnahm.[2] Zu oben angegebenen Fassung gibt es einige Unterschiede (der Norden statt das Flache, bergan zu dir statt Jehovah, dir, darf und darf statt darf und mag, seligstes statt herzlichstes).

Himmelsgedanken.[Bearbeiten]

Am 18. Dezember 1900 erschien ein Gedichtband Mays mit dem Titel Himmelsgedanken im Verlag Friedrich Ernst Fehsenfeld.[3] In dieser Ausgabe ist das Gedicht unter dem Titel In die berge auf Seite 65 enthalten. Der auf der folgenden Seite abgedruckte Aphorismus lautet:

Ihr kämpft um den Besitz dieser und streitet Euch über das Vorhandensein jener Welt, und doch ist es grad Euer Unfriede, welcher Euch verhindert, diese zu besitzen und jene zu erkennen.[4]

Im Reiche des silbernen Löwen III[Bearbeiten]

In seiner Reiseerzählung Im Reiche des silbernen Löwen III zitiert Karl May das Gedicht ohne Titel, nachdem der Ich-Erzähler den Ustad näher kennengelernt hat:

Welch ein Mensch! Solche Charaktere können wohl nur in der Einsamkeit der Berge reifen! Aber glücklicherweise ragen Berge überall. Warum sollen es immer nur geographische Höhen sein? Giebt es nicht auch noch andere Alpen, auf denen man sich ein »hohes Haus« erbauen und ein »Beit-y-Chodeh« errichten kann? Redet nicht auch die heilige Schrift von solchen Bergen? Sagt nicht der Psalmist, daß von ihnen seine Hilfe komme? An was für Berge dachte ich wohl, als ich vor Jahren, im Notizbuche Reiseeindrücke festhaltend, auch folgende Zeilen niederschrieb:
  Schon weicht die Fläche hinter mir; [...][5]

Geringfügige Abweichungen sind zu bemerken (die Fläche statt das Flache, Mir ist statt Es ist, will und will statt darf und mag, seligstes statt herzlichstes).

Empor ins Reich der Edelmenschen![Bearbeiten]

In seinem letzten Vortrag Empor ins Reich der Edelmenschen!, den Karl May am 22. März 1912 in Wien hielt, zitierte er – laut Konzept unter Punkt 15 – dieses Gedicht:

15.   S c h l u ß.   M e n s c h h e i t.   Das Leben des Einzelnen ist das Menschheitsleben im Kleinen. Auch das meinige. Was ich von mir sagte, habe ich auch von der Menschheit zu sagen:   E m p o r   i n   d a s   R e i c h   d e r   E d e l m e n s c h e n!   Wie ich mir als Einzelmensch dieses Empor gedacht habe, sage ich in meinen "Himmelsgedanken".
"Schon weicht die Fläche hinter mir". Ich bin Christ. Wie ich mir dieses Empor für die Menschheit im Allgemeinen denke, sage ich im Silb. Löwen:
"Ich komm zu dir im Sonnenstrahl". Beide kommen einander entgegen im Sonnenstrahl. Gott naht sich uns nicht mehr in Donner und Blitz, sondern nur noch in   L i e b e.[6]

Ich komm zu dir im Sonnenstrahl ist die erste Zeile des Gedichts Rosenlied, das in der Reiseerzählung Im Reiche des silbernen Löwen III zu finden ist.

aktuelle Ausgaben[Bearbeiten]

Anmerkungen[Bearbeiten]

  1. Karl May: Himmelsgedanken, S. 65.
  2. Hans Wollschläger/Ekkehard Bartsch: Karl Mays Orientreise 1899/1900. Dokumentation. In: Jb-KMG 1971, S. 165–215 (S. 168). (Onlinefassung) Auch in: Dieter Sudhoff/Hans-Dieter Steinmetz: Karl-May-Chronik II. Sonderband zu den Gesammelten Werken. Karl-May-Verlag Bamberg–Radebeul 2005, S. 217. ISBN 978-3-7802-0170-6.
  3. Hainer Plaul/Gerhard Klußmeier: Illustrierte Karl-May-Bibliographie, S. 244.
  4. Karl May: Himmelsgedanken, S. 66.
  5. Karl May: Im Reiche des silbernen Löwen III. In: Karl Mays Werke. Digitale Bibliothek Band 77, S. 65555 (vgl. KMW-V.3, S. 558)
  6. Ekkehard Bartsch: Karl Mays Wiener Rede. Eine Dokumentation. In: Jb-KMG 1970, S. 47–80 (S. 58). (Onlinefassung)

Literatur[Bearbeiten]

  • Wolfgang Braungart: Erbauungsliteratur. Anmerkungen zu Karl Mays Lyrik. In: Jb-KMG 2002, S. 19–39, insb. S. 32–35. (Onlinefassung)
  • Hartmut Vollmer: Karl Mays Gedichtsammlung "Eine Pilgerreise in das Morgenland". In: Jb-KMG 2009, S. 121–126, insb. S. 124 f.

Weblinks[Bearbeiten]