Gustav Hannes

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Dr. med. Gustav Adolf Wilhelm Emil Hannes (* 9. Dezember 1842 in Kleve; † 5. November 1914 in Wernigerode) war Arzt in Wernigerode. Er war der Gemahl von Wilhelmine sowie der Vater von Ferdinand und Marie Hannes.

Leben[Bearbeiten]

Gustav Hannes war des Sohn des Gerichtsvollziehers Johann Peter Hannes und seiner Frau Antoinette geb. Maywald. 1862 machte Gustav sein Abitur und studierte in Bonn, Halle, Würzburg und Erlangen Medizin. In Halle promovierte er 1866. Danach unternahm er – vermutlich als Schiffsarzt – weite Reise, u. a. nach Südamerika.

Am 28. Februar 1878 heiratete er Wilhelmine Meyer in Lilienthal bei Bremen. Sie wohnten zunächst in Tarmstedt, wo Gustav Hannes seine erste Praxis als praktischer und homöopathischer Arzt innehatte. Später ließen sie sich in Bremen nieder. Dort kam 1879 Ferdinand zur Welt. Danach zog die Familie Hannes nach Lehe bei Bremerhaven, wo 1881 Marie geboren wurde. Etwa 1882 zogen sie nach Laboe nahe Kiel, um 1884 wieder zurück nach Bremen, wo sie bis 1890 gemeldet waren.

Zu dieser Zeit erkrankte Gustav Hannes an einem schweren Rückenmarksleiden, das ihn schließlich an den Rollstuhl fesselte. Im Herbst 1890 zogen sie nach Wernigerode um. Seit Anfang 1898 bewohnte Familie Hannes ein Haus in Nöschenrode (heute zu Wernigerode), wo Gustav Hannes bis mindestens 1900 noch praktizierte. Finanziell wurde die Familie regelmäßig durch Gustavs jüngeren Bruder, den Kaufmann Julius Hannes (* 1848; † 1925), unterstützt.

Gustav Hannes und Karl May[Bearbeiten]

Im April 1897 wandte sich Karl May, der mit Marie schon einige Zeit im Briefwechsel stand, schriftlich an Gustav Hannes und bat um die Erlaubnis eines kurzen Besuchs während einer Rundreise, die May mit seiner Frau Emma machte. Diese Erlaubnis wurde gern gegeben. In den Zusammenhang gehört auch eine Notiz Karl Mays, die wohl aus der gleichen Zeit stammt:

Dr. Hannes schreiben. Entschuldigen, daß ich nicht geschrieben habe.[1]

Dass der Aufenthalt bei Familie Hannes fest im Reiseprogramm eingeplant war, beweist ein Brief Mays an seinen Hamburger Freund Carl Felber vom 9. Mai, in dem es heißt:

Bitte, haben Sie doch die Güte, mir ein in Ihrer Nähe liegendes gutes Hôtel zu nennen und diese kurze Auskunft an mich pr. adr. des Herrn Dr. med. Hannes, Wernigerode, zu adressiren![2]

Am 13. Mai kamen Karl May und seine erste Frau Emma in Wernigerode an, wo sie im Hotel Weißer Hirsch wohnten. Den Abend verbrachten sie im Haus der Familie Hannes und entschlossen sich daraufhin, bis zum 15. Mai zu bleiben.[3] Den Abschied am Abend des 14. Mai beschrieb Marie Hannes in ihrem Manuskript Allerlei von Karl May folgendermaßen:

Ich sah durch einen dichten Thränenschleier, daß Onkel Karl Vaters Hand schüttelte – [...] Vater Onkel Karls Hand preßte [...], ich sah's feucht glänzen in Mutters Augen [...][4]

Ende 1902 wurde das Verhältnis zwischen Karl May und Marie Hannes dadurch getrübt, dass "Mariechen" ihre Erinnerungen Allerlei von Karl May veröffentlichen wollte. Der Schriftsteller fürchtete, dass seine dort gesammelten Phantastereien rund um die Old-Shatterhand-Legende seinen Gegnern in die Hände spielen würden. Am Heiligabend 1902 schrieb er ihr einen langen erbitterten Brief und hatte lange Zeit überhaupt keinen direkten Kontakt zu ihr.[5]

Die Verbindung zur Familie Hannes wurde vor allem durch Klara verw. Plöhn, Karl Mays spätere zweite Frau, aufrecht erhalten.[6]

Vermutlich am 22. Dezember 1904 schrieb Marie Hannes in einem Brief an Klara May über die so genannte Karl-May-Hetze:

Ich las meinem lieben Vater die Angriffe und Entgegnungen vor und wartete mit großer Spannung auf seine Antwort, denn ich weiß, daß Vater nicht mit mir übereinstimmen kann in Bezug auf May, und Vater sagte: Ich glaube mehr an May als an die anderen! [...] ich war immer so betrübt, daß Vater, der so sehr das Klare liebt und nicht mehr neue Wege gehen mag, may's letzte Schriften zum Teil nicht lieb hatte. Als ich eben sagte, ich wollte an Dich schreiben, sagte Vater noch: "Bestelle Carl May von mir – Wenn ein Unstudierter aus eigener Kraft den Dr. honoris causa erringt, so sei es tausendmal wertvoller, als wenn einer aus der Herde literarischer Proletarier, nachdem er 3 Jahre Universität verbummelt, auf 20 aus den werken von 20 Autoren zusammengestoppelten Seiten basierend, Herr Doktor wird."[7]

In einem Brief, den Karl May am 28. Januar 1906 an den Schüler Richard Leidholdt schrieb, stellte er Ferdinand Hannes (ohne vollständige Namensnennung) als Vorbild für den jungen Mann dar und äußert sich dabei auch über dessen Mutter Wilhelmine Hannes:

Dr. F. H. war ein schwacher, kranker, scheinbar unbrauchbarer Junge, als ich ihn kennen lernte. [...] sein Vater hat nun ca. 30 Jahre im Fahrstuhl zugebracht.[8] [...] Mit 17 1/2 Jahren wurde er als Student schon gelegentlicher Assistent seines Professors. Da nahm er die Seinen in Behandlung. [...] der Zustand des Vaters hat sich so gebessert, daß er zu ertragen ist. [...][9]

Im Jahre 1906 hatte sich Karl May mit Marie Hannes wieder soweit versöhnt, dass beide wieder in Kontakt miteinander getreten waren.[10]

Wohl im Herbst 1910 hatte Dr. Gustav Hannes (homöopathische?) Medikamente an das Ehepaar May geschickt. Diesbezüglich schrieb Marie Hannes am 11. Oktober an Klara May:

Vater wird ja glücklich sein, daß die Medizin hilft. Schreibe bitte, wenn wir mehr schicken dürfen.[11]

Die Verbindung zwischen Marie Hannes und Klara May war schon bald nach Karl Mays Tod (1912) eingeschlafen. Erst nach erneuter Kontaktaufnahme von Seiten "Mariechens" informierte sie Mays Witwe am 7. Mai 1936 vom Ableben ihres Vaters und ihrer Mutter (1921):

Ich selbst bin – wie schon gesagt, ganz allein – meine Eltern sind lange tot. Vater starb kurz vor meinem Doktorexamen bei Beginn des Krieges und liess mich ziemlich mittellos zurück.[12]

Anmerkungen[Bearbeiten]

  1. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik II, S. 23.
  2. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik II, S. 30.
  3. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik II, S. 31-38.
  4. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik II, S. 43.
  5. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik III, S. 151-154.
  6. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik III, S. 183.
  7. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik III, S. 439 f.
  8. Gemeint ist natürlich der Rollstuhl, in dem Gustav Hannes zu jener Zeit etwa 15 Jahre verbracht hatte.
  9. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik III, S. 488 f.
  10. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik IV, S. 50.
  11. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik V, S. 336 f.
  12. Steinmetz/Sudhoff: Leben im Schatten, S. 423.

Literatur[Bearbeiten]

Informationen über Zeitgenossen Karl Mays finden Sie im Namensverzeichnis Karl May – Personen in seinem Leben von Volker Griese unter Mitwirkung von Wolfgang Sämmer.