Familie Kirsch

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Heinrich Kirsch († 1917) und seine Frau Wilhelmine sowie deren Kinder Rosa und Richard Kirsch (* 25. Februar 1882 in Wien; † 4. Dezember 1969) waren Leser Karl Mays, die in freundschaftliche Beziehung zu ihm getreten waren.

Heinrich Kirsch war Verlagsbuchhändler in Wien und Ritter des päpstlichen St. Gregorius-Ordens. Richard Kirsch war Schüler des Kollegium Kalksburg bei Wien.

Kirschs und Karl May[Bearbeiten]

Familie Kirsch in Karl Mays Leseralbum.

in Radebeul[Bearbeiten]

Gemeinsam mit Mutter und Schwester besuchte der 15-jährige Richard Kirsch am Nachmittag des 27. August 1897 Karl May in seiner Villa "Shatterhand" in Radebeul. Laut Richard Kirschs Persönlichen Erinnerungen zeigte May ihm verschiedene Waffen und Trophäen, unterhielt sich 2 Stunden lang mit ihm und schenkte im ein Exemplar des vergriffenen Buchs Die Rose von Kaïrwan.[1] Die Anwesenheit Wilhelmine und Rosa Kirschs verschwieg Richard in diesem Bericht. Sie ist aber belegt durch die Aufschrift auf der Foto-Rückseite in Karl Mays Leseralbum, S. 838:

Familie des Buchhändlers Kirsch in Wien.
1. Hein[rich] Kirsch
2. Wilhelmine Kirsch
3. Rosa Kirsch
4. Richard Kirsch.
Erinnerung an den Besuch v. 2.3.4.
am 27. Aug. 1897.[2]

in Wien (1)[Bearbeiten]

Auf einer Rundreise hielten sich Karl May und seine Frau Emma im Februar und März 1898 in Wien auf. Karl May besuchte am Vormittag des 21. Februar Heinrich Kirschs Buchhandlung in der Singerstraße 7. Es kam zu einem langen Gespräch zwischen beiden, und Rosa Kirsch nähte May einen verlorenen Mantelknopf wieder an. Am Nachmittag besuchten Kirschs Karl und Emma May im Hotel "Goldene Ente" in der Riemergasse, unternahmen mit Mays einen Stadtrundgang und kehrten im Gasthaus "Griechenbeisel" ein. Heinrich Kirsch machte Karl May ein Angebot, Postkarten von ihm zu verlegen und 2000 Gulden anzuzahlen, was May ablehnte, da sein Verleger Friedrich Ernst Fehsenfeld derartige Postkarten vertrieb.[3]

Am nächsten Tag hielt Karl May um 2.30 Uhr nachmittags einen durch Richard Kirsch vermittelten Vortrag im Theatersaal (Grazer Saal) des Konvikts Kalksburg vor 500 Zöglingen und dem Personal. Das Thema lautete Winnetou, der 'Adelsmensch'[4] Den Inhalt des Vortrags gab die Juni-Ausgabe der Kalksburger Correspondenz (wohl eine Schülerzeitung) wieder:

Wir seien in Gottes Garten gepflanzt und müßten uns zu edlen Bäumen entfalten, die gute Früchte bringen; was dies heißen soll, zeigte er uns durch einige Züge aus dem Leben seines uns allen bekannten Winnetou. Er war der Sohn eines Häuptlings der Apachen, ein echter Aristokrat [...][5]

Seinen 56. Geburtstag feierte Karl May zunächst bei der Grafenfamilie von Jankovics, am Abend dann bei Familie Kirsch, deren Sohn Richard am gleichen Tage 16 Jahre alt geworden war.[6] Auch den nächsten Abend verbrachten Karl und Emma May bei Kirschs und zwar von 7 bis halb 10 Uhr.[7]

gegen Adalbert Fischer[Bearbeiten]

Der nächste bekannte Kontakt zwischen Kirschs und May stammt aus der Zeit der beginnenden Karl-May-Hetze. Der Schriftsteller hatte damals in Heinrich Kirsch einen österreichischen Buchhändler als hilfreichen Verbündeten.

Am 17. Februar 1901 schickte Heinrich Kirsch ein Circular des Adalbert Fischerschen Münchmeyer-Verlags, mit dem in Wien für die (unrechtmäßige) Ausgabe Karl May's illustrierte Werke Werbung gemacht wurde.[8] Außerdem hatte Kirsch an Fischer brieflich eine Frage gestellt, die dieser am 19. Februar damit beantwortete, dass ein und derselbe Schriftsteller sowohl die Reiseerzählungen als auch die Illustrierten Werke verfasst habe.[9]

Einen längeren Brief schrieb Karl May am 4. April an Heinrich Kirsch, in dem er sich über die unerlaubten Nachdrucke und die Pressehetze äußerte. Weiterhin vergleicht er seine Werke mit einer Kirche, die nur von außen betrachtet, aber nicht betreten wird:

In meinen Büchern lebt eine ganz, ganz eigene Seelenwelt, und wem diese entgangen ist, der hat sie umsonst gelesen. Den Enkeln werden sie verständlicher sein, als dem jetzigen Geschlechte [...][10]

Zweifel[Bearbeiten]

Wohl im Dezember 1905 hatte Karl Mays zweite Frau Klara den ebenfalls in Wien lebenden Amand von Ozoróczy um Erkundigungen gebeten. Eine gewisse Clara Licht hatte nämlich am 21. Dezember (wohl den Mays gegenüber) angegeben, Heinrich Kirsch habe gefragt, wer Karl May ist.

Am 23. Dezember schrieb nun von Ozoróczy an Klara May in einem Brief, dass der Buchhändler die aktuelle Karl-May-Fotografie von Erwin Raupp anböte und keine solche Frage gestellt haben könne. Diesen Brief sandte er jedoch nicht ab, da er vorher mit Kirsch selbst sprechen wollte.[11] Vier Tage später ergänzte Amand von Ozoróczy den Brief um einen Nachtrag, dass alle Bilder verkauft worden wären.[12]

um Sascha Schneider[Bearbeiten]

Einen weiteren Brief an Klara May schrieb von Ozoróczy am 17. Januar 1906. Darin lobte er Sascha Schneiders Deckelbilder, Schneider sei ein gezeichneter May. Heinrich Kirsch gehöre aber zu denen, die sich zu dieser Erkenntnis noch nicht aufgeschwungen haben. Kirsch habe Befürchtungen, dass das Experiment der mayfeindlichen Haltung der katholischen Kritik [...] neue Nahrung zuführen würde.[13]

Darauf hin schrieb Karl May am 21. Januar einen Brief an den Buchhändler Heinrich Kirsch, in dem es heißt:

Meine Ideale und meine Ziele sind nur auf einsamen Wegen zu erreichen, und ich habe noch keinem Schwächling [gemeint sind die Kritiker] zugemuthet, mit zitternden Knieen hinter mir her zu kommen.[14]

Amand von Ozoróczy gegen Hermann Cardauns[Bearbeiten]

Am 6. Februar 1906 informierte May Heinrich Kirsch über seinen Erfolg vor Gericht:

Soeben den großen Münchmeyer-Prozeß nun auch in zweiter Instanz gewonnen![15]

Der mit Heinrich Kirsch befreundete Prälat Josef Heidenreich schrieb am 1. November 1907 an Karl May, dass Amand von Ozoróczy dem Buchhändler ein Broschürenmanuskript angeboten habe, das sich mit dem Streitfalle Cardauns-May beschäftigt. Heidenreich hatte das Manuskript auf Bitten Kirschs gelesen und als Materialien-Sammlung gelobt, die Herausgabe aber für eigentlich post festum[16] gehalten.

Als Kirsch dem Verfasser mein Urteil mitteilte war derselbe "bis zum Tode betrübt" und meinte, es sei furchtbar schmerzlich [...] Die Broschüre käme durchaus nicht post festum. [...] Als mich nun Kirsch wieder fragte, was er da tun solle, da meinte ich: Wir werden Sie, meine Sihdi fragen und Sie sollen entscheiden [...][17]

Nur einen Tag später schrieb von Ozoróczy an May, erwähnte aber seine Broschüre nicht, sondern äußerte seine Freude über Karl Mays neue Reiseerzählung Der 'Mir von Dschinnistan:

Wie mir Herr Buchhändler Kirsch mitteilt, schwillt die Abonnentenliste [des Deuschen Hausschatz] gewaltig an, und das hat mit seinem Singen der "'Mir" von May getan.[18]

Josef Heidenreich schrieb am 6. November wieder an May bezüglich von Ozoróczys Broschüre:

[...] Buchhändler Kirsch, mit dem ich heute über die Sache sprach[,] meint, vielleicht sei dieser junge Wiener, dem Sie, mein bester[,] das Zeug zutrauen, eine Broschüre in Ihrem Sinne zu schreiben. [...] Die Arbeit hat meiner unmassgeblichen Ansicht nach keine jener Eigenschaften, welche nach Ihrem Ausspruch eine solche Broschüre haben müsste. Da der junge Mann durch die Abweisung des Verlages Kirsch sehr betroffen war, gab ihm Herr Kirsch jun. den Rat, sich mit seinem Manuscripte entweder an Pustet oder an Fehsenfeld zu wenden [...] Kirsch würde sich glücklich schätzen[,] eine solche Broschüre [d. h. eine nach Mays Vorstellungen] verlegen zu können und bittet, wenn es möglich wäre, ein solches Manuscript ihm zur Verfügung zu stellen.

Des weiteren ging Heidenreich auf eine Textstelle in seinem Artikel vom 3. Oktober im Deutschen Volksblatt ein, zu der er ausführt,

[...] dass die beanstandete Stelle, das Urteil resp[ektive] die Ansicht buchhändlerischer Kreise, der Kampf Cardauns gegen Sie sei ein von Geschäftsneid diktiertes Concurrenzmanöver auf ausdrücklichen Wunsch und nur auf diesen Wunsch des Buchhändlers Kirsch von mir aufgenommen wurde, der damit seine und mehrerer Collegen Ansicht darlegen wollte.[19]

Einen letzten Brief zu diesem Thema sandte Prälat Heidenreich am 20. November 1907 an Karl May:

Herrn Oscoroscny [sic!] haben ich und Herr Kirsch den Rat gegeben, sein Manuscript Ihnen vorzulegen. Ich weiss nicht, warum er zaudert.[20]

Grüße von der Amerikareise[Bearbeiten]

Während ihrer Amerikareise versahen Karl und Klara May viele ihrer Bekannten mit Ansichtskarte. Unter den zahlreichen Karten, die am 28. September 1908 von Niagara Falls (Kanada) aus verschickt wurden, ging eine an Heinrich Kirsch.[21]

Franz Langer (1)[Bearbeiten]

Der Oberlehrer Franz Langer schickte am 20. Februar 1909 sein Manuskript Karl May und seine Werke[22] zur Durchsicht an Klara May. Der Aufsatz war für eine Lehrer- und Lehrerinnen-Zeitung, die Österreichische Pädagogische Warte bestimmt, die im Kommissionsverlag von Heinrich Kirsch erschien.[23]

Am 15. März erwähnte Klara May den Aufsatz in einem Brief an Heinrich Kirsch:

Ich interessiere mich sehr dafür und erbitte von dieser Zeitung [...] 500 Nummern [...]

Die Warte hatte den Artikel allerdings nicht aufgenommen.[24]

gegen das Neue Wiener Journal[Bearbeiten]

Nach einem anderen Artikel erkundigte sich Klara May am 8. April 1909. Das Neue Wiener Journal hatte nämlich am 30. März den Inhalt von Rudolf Lebius' Bund-Artikel Ein spiritistisches Schreibmedium als Hauptzeuge der "Vorwärts"-Redaktion weiterverbreitet. Klara May an Kirsch:

In Wien bringt man wohl nur an Wahnsinn grenzende Scandalgeschichten, die Wahrheit aber nicht???[25]

Auch Karl May äußerte sich darüber am 13. April in einem Brief an den Buchhändler:

Ich habe allen Zeitungen, welche diesen Schund- und Schandartikel brachten, eine Entgegnung geschickt und deren Veröffentlichung gefordert, auch dem "Wiener Journal". Sie alle haben diese Entgegnung sofort veröffentlicht, nur allein das Wiener Journal nicht. Mehr brauche ich wohl nicht zu sagen![26]

Franz Langer (2)[Bearbeiten]

Am 15. Mai 1909 schrieb Franz Langer an Klara May, dass er und Josef Redl, der Redakteur der bei Kirsch Österreichischen Pädagogischen Warte, aus dem Aufsatz Karl May und seine Werke eine Broschüre machen wollen. Dafür erbat er in diesem Brief ein Begleitwort Ihres hochgeschätzten Hr. Gemahls.

May verfasste tatsächlich ein solches Geleitwort. Dieses erschien (ab dem 19. Juni) nur im Mährischen Volksboten, da die Broschüre über das Planungsstadium nicht hinauskam. Langers Aufsatz selbst blieb vermutlich ungedruckt.[27]

in Wien (2)[Bearbeiten]

Auf Einladung des Akademischen Verbandes für Literatur und Musik hielt Karl May im März 1912 in Wien den Vortrag Empor ins Reich der Edelmenschen! Am 20. März traf May in Begleitung seiner Frau Klara dort ein und logierte im Hotel Krantz. Dort besuchte ihn Richard Kirsch.[28]

Als Karl May am 22. März im Wiener Sofiensaal vor über 2000 Zuhörern seinen Vortrag hielt, war Richard Kirsch – möglicherweise in Begleitung seiner Eltern und seiner Schwester – auch anwesend.[29] In seinen Erinnerungen äußerte er sich darüber:

Der Beifall wollte kein Ende nehmen, wir aber trachteten, May bald ins Hotel zu bringen, damit er sich von den Anstrengungen ausruhen könne.[30]

Am folgenden Tag besuchten Karl und Klara May die Familie Kirsch:

Freilich merkte man ihm die Aufregung noch an. Wir nahmen herzlichen Abschied.
Es war das letzte Mal, daß ich Karl May sah. Schon wenige Tage später erhielten wir die Trauerbotschaft, daß er heimgegangen sei.[31]

Anmerkungen[Bearbeiten]

  1. R. Kirsch: Persönliche Erinnerungen, S-KMG 58/1985, S. 27.
  2. Karl May: Leseralbum. In: Karl Mays Werke (Digitale Bibliothek), S. 71456; vgl. KMW-VIII.6.2, S. 838.
  3. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik II, S. 115 f.
  4. Oft als Winnetou, der Edelmensch zitiert.
  5. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik II, S. 121 f.
  6. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik II, S. 123 f.
  7. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik II, S. 124.
  8. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik II, S. 439.
  9. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik II, S. 440.
  10. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik II, S. 449 f.
  11. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik III, S. 572.
  12. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik III, S. 573.
  13. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik IV, S. 9.
  14. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik IV, S. 9 f.
  15. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik IV, S. 14.
  16. Lateinisch: nach dem Fest, nachträglich, zu spät.
  17. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik IV, S. 306 f.
  18. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik IV, S. 307.
  19. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik IV, S. 309 f.
  20. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik IV, S. 323.
  21. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik IV, S. 437.
  22. Nicht zu verwechseln mit der gleichnamigen Broschüre Heinrich Wagners.
  23. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik IV, S. 500.
  24. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik IV, S. 508.
  25. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik IV, S. 515 f.
  26. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik IV, S. 520 f.
  27. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik IV, S. 526.
  28. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik IV, S. 574 f.
  29. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik IV, S. 583.
  30. R. Kirsch: Persönliche Erinnerungen, S-KMG 58/1985, S. 28.
  31. R. Kirsch: Persönliche Erinnerungen, S-KMG 58/1985, S. 28.

Literatur[Bearbeiten]

Informationen über Zeitgenossen Karl Mays finden Sie im Namensverzeichnis Karl May – Personen in seinem Leben von Volker Griese unter Mitwirkung von Wolfgang Sämmer.

KMChronik winz frontal.jpg Die fünfbändige Karl-May-Chronik ist ein Standardwerk der Karl-May-Forschung. KMChronik winz.jpg

Dieter Sudhoff/Hans-Dieter Steinmetz: Karl-May-Chronik I bis V. Sonderbände zu den Gesammelten Werken.
Karl-May-Verlag BambergRadebeul 2005/2006. ISBN 978-3-7802-0170-6
Sie ist erhältlich beim Karl-May-Verlag.