Der blinde Bergmann (Gedicht)

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Der blinde Bergmann ist ein frühes Gedicht von Karl May.

Text[Bearbeiten]

          Der blinde Bergmann
Es neigt die Sonne sich zur Rüste,
  Der Himmel flammt in gold'ner Gluth.
Ihr Strahl, der mir die Wange küßte,
  Zuckt purpurn durch des Aethers Fluth.
    Mir bleibt die Herrlichkeit verborgen,
      Die sie im Scheiden angefacht;
    Mir wird's nicht Abend und nicht Morgen,
      Nur Nachts giebt's für mich, finst're Nacht.
Doch, will die Thräne mir befeuchten
  Das gramerblaßte Angesicht,
So darf ein Stern mir tröstend leuchten:
  Der   G l a u b e   ist mein bestes Licht!
Es neigt der Sommer sich zur Rüste;
  Es flieht der Vögel munt're Schaar,
Als ob der Wald nun sterben müßte
  Und Feld und Flur auf immerdar.
    Es welkt der Liebe duft'ges Zeichen,
      Die Rose, die so schön geblüht,
    Und herbstlich Trauern will sich schleichen
      Mir in's vereinsamte Gemüth.
Doch, will kein Reis mehr Blüthen treiben,
  Des Herzens Blumen welken nicht.
Treu muß der inn're Frühling bleiben:
  Die   L i e b e   ist mein bestes Licht!
Es neigt das Leben sich zur Rüste;
  Weiß fällt um's Haupt des Alters Schnee.
Nun schweigt das irdische Gelüste,
  Und es verstummt manch' tiefes Weh.
    Ist nach des Lebens kurzen Tagen
      Des Leibes schwache Kraft entfloh'n,
    So darf der Staub nicht länger tragen
      Den freigeword'nen Himmelssohn.
Und muß es balde nun geschehen,
  Daß man mich trägt zur letzten Schicht,
So wird mein Aug' den Helfer sehen:
  Die   H o f f n u n g   ist mein bestes Licht!
                                                                 Karl May.[1]

Textgeschichte[Bearbeiten]

Das Gedicht Der blinde Bergmann erschien erstmals im September/Oktober 1875 in der Rubrik Allerlei der von Karl May redigierten Zeitschrift Schacht und Hütte, Nr. 3, S. 24.

Vermutlich auf diesem Abdruck basiert die Edition des Gedichts im September 1880 im Kalender Neuer deutscher Reichsbote. Deutscher Haus- und Geschichts-Kalender. 1881 in Stolpen bei Julius Hanzsch, S. 83.

aktuelle Ausgaben[Bearbeiten]

  • Karl May (Hrsg.): Schacht und Hütte. Blätter zur Unterhaltung und Belehrung für Berg-, Hütten- und Maschinenarbeiter. Olms Presse HildesheimNew York 1979, S. 24. ISBN 3-487-08198-9 [Reprint]
  • Karl May: Ein wohlgemeintes Wort. frühe Texte aus dem "Neuen deutschen Reichsboten" 1872–1886. Veröffentlichungen aus dem Karl-May-Archiv Band 2. Gauke Verlag Lütjenburg 1994, S. 21 f. ISBN 3-87998-631-2 [Reprint]

Hörbuch[Bearbeiten]

Eine kostenlose Hörbuchfassung dieses Gedichts wurde 2010 bei LibriVox veröffentlicht.

Anmerkungen[Bearbeiten]

  1. Schacht und Hütte, S. 24.

Literatur[Bearbeiten]

  • Peter Richter/Jürgen Wehnert: Einleitung. In: Karl May: Ein wohlgemeintes Wort. frühe Texte aus dem "Neuen deutschen Reichsboten" 1872–1886. Veröffentlichungen aus dem Karl-May-Archiv Band 2. Gauke Verlag Lütjenburg 1994, S. 5-28, insb. S. 13 f. ISBN 3-87998-631-2

Weblinks[Bearbeiten]