Der Herrgottsschnitzer (Gedicht)

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Der Herrgottsschnitzer, auch Der Dorf-Bildschnitzer, ist ein Gedicht von Karl May.

Text[Bearbeiten]

         Der Herrgottsschnitzer
Hab all mein Lebtag stets gedacht,
Daß man aus Holz die Heilands macht,
  Doch jetzt im Alter kommt mirs bei,
  Daß noch 'was Andres nöthig sei.
Im Holz, da liegt zwar auch 'was drin,
Denn jeder Stoff hat seinen Sinn,
  Jedoch der Sinn von diesem da,
  Der reicht wohl nicht bis Golgatha.
Dort ist noch heut für alle Welt
Das Kreuz und Elend aufgestellt,
  Und wer zu beiden kriechen muß,
  Bekommt vorher den Judaskuß.
Drum ists das Richtige, was ich thu:
Stets geb ich eine Thräne zu
  Und denke dabei allezeit:
  Nun hat der Schmerz das Holz geweiht.
Wenn ichs sodann fast fertig hab,
Denk ich an des Erlösers Grab
  Und daß er nach so kurzer Frist
  Gleich wieder auferstanden ist.
Da kommt so recht aus Herzensgrund
Ein Juchezer mir in den Mund;
  Den schneid ich, kaum zu sehn, so fein,
  Dem Herrgott mit dem Messer ein
Und habe ich mein Werk vollbracht,
So fromm, wie ich es mir gedacht,
  So freu ich mich als Mensch und Christ,
  Daß es mir gut gelungen ist.
Und wer es gleich so bringen will,
Der greif zum Holz und warte still,
  Bis sich die Thräne bei ihm zeigt;
  Der Juchezer, kommt dann sehr leicht.
                                            Karl May[1]

Textgeschichte[Bearbeiten]

Manuskript[Bearbeiten]

Das Manuskript des Gedichts ist erhalten, aber nicht datiert. Es ist durch Karl May ganz unten mit der Aufschrift Herzlichen Gruß! versehen. Wahrscheinlich stammt es aus dem Jahre 1906.[2] Dieter Sudhoff und Hans-Dieter Steinmetz bemerken in ihrer Karl-May-Chronik IV, dass das Gedicht durch ein Bergkreuz inspiriert sei.[3]

in Der Kunstfreund[Bearbeiten]

Das Poem erschien erstmals am 20. November 1906 in der Innsbrucker Zeitschrift Der Kunstfreund innerhalb des zweiten Teils von Karl Mays Aufsatzreihe Briefe über Kunst unter dem Titel Der Dorf-Bildschnitzer.[4]

Bereits am 10. Oktober hatte May den Text zu diesem Aufsatz an den Redakteur Leopold Gheri gesandt und angemerkt:

Falls Sie noch ein besonderes Gedicht für die Weihnachtsnummer wünschen, sollen Sie es haben.[5]

Kurz darauf sandte Karl Mays Frau Klara eine Karte an Gheri, in der sie bezweifelte, dass Karl May die Stimmung zum Verfassen eines solchen Gedichts finden könne, weshalb sie Ein Tröpfchen Thau (aus den Himmelsgedanken) vorschlug.[6]

Karl May selbst entschied sich stattdessen für das Gedicht Der Dorf-Bildschnitzer, das er möglicherweise erst direkt vor dem Absenden an Gheri am 2. November verfasste. Der Aufsatz selbst, der das Gedicht enthielt, war nachträglich ebenfalls auf den 2. November datiert worden.[7]

In dem zweiten Kunstbrief wird das Poem mit den Worten eingeleitet:

Von diesem [nämlich vom Künstler] wird mehr verlangt als nur das Eingehen auf das Sinnliche. Es kommt mir da ein Gedicht zu Hülfe, welches ich vor Jahren schrieb. Ich ließ es nie drucken, hier aber mag es stehen, um zur Erläuterung zu dienen: [...][8]

aktuelle Ausgaben[Bearbeiten]

Anmerkungen[Bearbeiten]

  1. Webseite der Karl-May-Gesellschaft.
  2. Webseite der Karl-May-Gesellschaft.
  3. Dieter Sudhoff/Hans-Dieter Steinmetz: Karl-May-Chronik IV. Sonderband zu den Gesammelten Werken. Karl-May-Verlag Bamberg–Radebeul 2005, S. 101. ISBN 978-3-7802-0170-6.
  4. Hainer Plaul/Gerhard Klußmeier: Illustrierte Karl-May-Bibliographie, S. 294.
  5. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik IV, S. 90.
  6. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik IV, S. 90.
  7. Sudhoff/Steinmetz: Karl-May-Chronik IV, S. 90, 97.
  8. Karl May: Briefe über Kunst II, S. 197. (Onlinefassung)

Literatur[Bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten]