Christian Fürchtegott Gellert

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Christian Fürchtegott Gellert (* 4. Juli 1715 in Hainichen; † 13. Dezember 1769 in Leipzig) war ein deutscher Dichter und Moralphilosoph der Aufklärung.

C. F. Gellert und Karl May[Bearbeiten]

Erwähnungen in Karl Mays Werk[Bearbeiten]

Karl May zitiert mehrfach in seinem Werk Gedichte C. F. Gellerts, die erstmals 1757 in dem Band Geistliche Oden und Lieder veröffentlicht wurden.

Vom Tode[Bearbeiten]

Das vollständige Gedicht bei zeno.org.

"Lebe, wie Du, wenn Du stirbst,
Wünschen wirst, gelebt zu haben!"
Keine andere Mahnung, und tauchte sie aus dem wärmsten Herzblute, aus der heißesten Thränenfluth empor, vermag den Ernst und die Dringlichkeit derjenigen zu erreichen, welche wir heute aus der Fülle unseres reichen Kirchenliederschatzes schöpfen, und doch wie Mancher, wie gar so Mancher hat diese Worte als Schulpensum eingelernt und in der Kirche oder bei der letzten Fahrt eines Dahingeschiedenen mitgesungen, ohne ihr die Seele zu öffnen und Wirkung für das Leben zu gestatten!
[...]
Zu spät ist's dann; aber heute, jetzt ist's noch Zeit, und der beste, der sicherste, der einzige Halt, den Du finden kannst, er bietet sich Dir in der oben erklungenen Mahnung:
"Lebe, wie Du, wenn Du stirbst,
Wünschen wirst, gelebt zu haben!" (Blumen deutscher Kirchenlieder)[1]

Leise, getragene Accorde schwebten durch den kleinen Raum, dann, als das Vorspiel beendet war, begann der Kirchenchor das Sterbelied:
"Meine Lebenszeit verstreicht,
Stündlich eil' ich zu dem Grabe,
Und was ist's, daß ich vielleicht
Noch allhier zu leben habe?
Denk, o Mensch, an Deinen Tod;
Säume nicht, denn Eins ist Noth!"
Jetzt trat der mit anwesende Pfarrer an den Altar und verkündigte in kurzen Worten Namen, Stand und Alter der Verstorbenen. Dann erklang die nächste Strophe:
"Lebe, wie Du, wenn Du stirbst,
Wünschen wirst, gelebt zu haben.
Güter, die Du hier erwirbst,
Würden, die Dir Menschen gaben,
Nichts wird Dich im Tod erfreu'n;
Diese Güter sind nicht Dein."
Nun folgte die eigentliche Rede des Geistlichen. Er hielt sie kurz, fast karg. Es war, als habe er Grund, auf die gewöhnlichen Lobreden zu verzichten. Als er geendet hatte, trat er vom Altar fort und es folgte der Gesang:
"Tritt im Geist zum Grab' oft hin;
Siehe Dein Gebein versenken.
Sprich: Herr, daß ich Erde bin,
Lehre Du mich selbst bedenken.
Lehre Du mich's jeden Tag,
Daß ich weiser werden mag."
Jetzt erfolgte eine feierliche, fast bedrückende Pause. Der Anstaltsdirector stand noch immer zu Häupten der beiden Särge, so bleich und unbeweglich, als ob er selbst auch todt sei. Jetzt erhob er leise die Hand und sagte in tiefem, ernstem Tone:
"Ja, Herr, daß ich Erde bin, lehre Du mich selbst bedenken! Lehre Du mich's jeden Tag, daß ich weiser werden mag! Diese Worte sind es, welche mir in den Ohren und im Herzen fort und fort geklungen haben, seit ich die erschütternde Nachricht von dem Tode dieser beiden Abgeschiedenen erhielt. Sie sind aus dem Leben gegangen, ohne eine Schuld gebüßt zu haben, die auf ihrem Gewissen lag. Ich als der einzige Ueberlebende der Familie ihres Namens will diese Schuld von ihnen nehmen, ehe wir ihre Körper der Erde anvertrauen." (Der verlorne Sohn)[2]

Betrachtung des Todes[Bearbeiten]

Das vollständige Gedicht bei zeno.org.

Kein Wort auf der Zunge des Menschen wiegt so schwer, wie das kleine Wörtchen "Tod," kein Augenblick des längsten, reichsten und bewegtesten Lebens kommt an Bedeutung dem Momente gleich, welcher dem müden Pulse gebietet auszuruhen für immer; aber wie zur Zeit Christi, des Weisesten der Lehrer, giebt es auch heute Jungfrauen, deren Leuchten das Oel mangelt, wenn die Stunde der Mitternacht hereinbricht, und stets wird sich der Ausspruch bewahrheiten:
"Der, den der Tod nicht weiser macht,
Hat nie mit Ernst an ihn gedacht!" (Blumen deutscher Kirchenlieder)[3]

Die Ehre Gottes aus der Natur[Bearbeiten]

Das vollständige Gedicht bei zeno.org.

"Die Himmel rühmen des Ewigen Ehre;
Ihr Schall pflanzt seinen Namen fort;
Ihn rühmt der Weltenkreis; ihn prüfen alle Heere,
Drum lobet ihn, den großen Hort!" (Geographische Predigten, Motto zu 1. Himmel und Erde)[4]

Abendlied[Bearbeiten]

Das vollständige Gedicht bei zeno.org.

"Und noch den letzten Wunsch, mein Kind. – – Bereits kann ich – – kaum mehr sprechen. Du hast vorhin ein Lied gebetet. Jetzt – – das Lied noch vom – – Leben und vom Ende."
"Ja, mein guter, mein lieber Vater!"
"Richte mich auf! Lehne – – meinen Rücken höher – – an die Hütte, damit ich – – noch einmal den Sternenhorizont – – – überschaue."
Unter immer strömenden Thränen that Arthur ihm den Willen. Sodann knieete er nieder und faltete die Hände. Er drückte mit aller Anstrengung das Schluchzen hinab und betete mit lauter aber schwer zitternder Stimme:
"Bedeckt mit Deinem Segen
Eil ich der Ruh' entgegen;
Dein Name sei gepreist.
Mein Leben und mein Ende
Ist Dein. In Deine Hände
Befehl ich, Vater, meinen Geist!"
Die Worte klangen laut zu den Wipfeln der Bäume empor und von der Bergeshöhe hinab. Es war ein christliches Sterbegebet inmitten eines durchaus muhammedanischen Landes.
"A – – – men!" hauchte es von der Mauer herüber.
Dann war es still. Der Beter regte sich nicht. Er wartete, daß der Vater ihn rufen, noch ein Wort, ein einziges Wort sagen solle – – vergebens! (Die Liebe des Ulanen)[5]

Als Arthur auf Wunsch des sterbenden Vaters betete:
"Mein Leben und mein Ende
Ist Dein. In Deine Hände
Befehl ich, Vater, meinen Geist!"
hatte sein Schmerz und sein gewaltsam niedergehaltenes Schluchzen nur diesem Vater gegolten, und doch hatte er sein eigenes Sterbegebet gesprochen. Er hatte die Wüste verlassen sollen, um nach dem Heimathslande seines Vaters zu pilgern; nun aber war er mit diesem Vater eingegangen in eine Heimath, welche höher und herrlicher ist als alle Stätten der Erde. – – – (Die Liebe des Ulanen)[6]

Der Kampf der Tugend[Bearbeiten]

Das vollständige Gedicht bei zeno.org.

Er erhob sich, faltete die Hände und sprach, nachdem auch die Anderen aufgestanden waren, das gewöhnliche Gebet. Als er fertig war, wollten sich die Anderen wieder setzen; er aber sagte:
"Laßt uns auch für das Kind des Nachbars beten, damit Engelchen nicht von den Versuchungen umstrickt werde, denen sie entgegen geht."
Er griff in den Spulkorb seines Arbeitsstuhles, nahm das alte Gesangbuch zur Hand, welches dort stets aufbewahrt wurde, schlug es auf und las:
"Oft klagt das Herz, wie schwer es sei,
Den Weg des Herrn zu wandeln,
Und täglich, seinem Worte treu,
Zu denken und zu handeln.
Wahr ist's: die Tugend kostet Müh;
Sie ist der Sieg der Lüste;
Doch richte selbst: Was wäre sie,
Wenn sie nicht kämpfen müßte?" –
In diesem Augenblicke hörte man, daß draußen die Hausthür geöffnet wurde; der Weber aber fuhr ungestört fort:
"Des Lasters Bahn ist anfangs zwar
Ein breiter Weg durch Auen;
Allein, sein Fortgang bringt Gefahr,
Sein Ende Nacht und Grauen.
Der Tugend Pfad ist anfangs steil,
Läßt nichts als Mühe blicken;
Doch weiter führet er zum Heil
Und endlich zum Entzücken!" –
Jetzt war die Stubenthür aufgegangen. Es trat Jemand ein, auf den sich Aller Blicke richteten, nur derjenige des Vaters nicht. Dieser Letztere fuhr vielmehr unbeirrt fort:
"Lern nur Geschmack am Wort des Herrn
Und seiner Gnade finden,
Und übe Dich, getreu und gern,
Dein Herz zu überwinden!
Wer Kräfte hat, wird durch Gebrauch
Von Gott noch mehr bekommen;
Wer aber nicht hat, dem wird auch
Das, was er hat, genommen. –
[...][7]
Jetzt erst machte er das Gesangbuch zu und warf einen Blick nach der Stubenthüre. (Der verlorne Sohn)[8]

Vertrauen auf Gottes Vorsehung[Bearbeiten]

Das vollständige Gedicht bei zeno.org.

Der Anwalt erkundigte sich nach Hausers Wohnung und ging voraus. Als er in den engen Flur trat, hatte man drinnen in der Stube das Abendessen beendet, und der Alte betete:
"An dem was wahrhaft glücklich macht,
Läßt Gott es Keinem fehlen.
Gesundheit, Ehre, Glück und Pracht
Sind nicht das Glück der Seelen.
Wer Gottes Rath
Vor Augen hat,
Dem wird ein gut Gewissen
Die Trübsal auch versüßen."
Der Beamte hörte diese Worte. Die Stimme des Alten klang tief aus einem gläubigen Herzen. Es wurde dem Anwalte eigenthümlich zu Muthe. Sollte der Waldkönig wirklich der Sohn einer Familie sein, in welcher man so innig betete? So fragte er sich. Da hörte er weiter:
"Was ist des Lebens Herrlichkeit?
Wie bald ist sie verschwunden.
Was ist das Leiden dieser Zeit?
Wie bald ist's überwunden.
Hofft auf den Herrn!
Er hilft uns gern.
Seid fröhlich, Ihr Gerechten;
Der Herr hilft seinen Knechten!"
Der Anwalt schüttelte mit Gewalt die Rührung ab, welche er empfand, und klopfte an. (Der verlorne Sohn)[9]

Die Güte Gottes[Bearbeiten]

Das vollständige Gedicht bei zeno.org.

Da ertönten mild und weich die Klänge der Orgel. Es war ein armes Instrument von nur vier Registern. Die Gemeinde hatte kein theureres zu beschaffen vermocht. Aber Walther war ein ausgezeichneter Orgelspieler. In seinem Vorspiele klang es wie eine Wiederholung des soeben Gehörten, wie eine innige, herzliche Mahnung zur Liebe, und dann begann der Gesang:
"Wie groß ist des Allmächtgen Güte!
Ist der ein Mensch, den sie nicht rührt,
Der mit verhärtetem Gemüthe
Den Dank erstickt, der Gott gebührt?
Nein, seine Liebe zu ermessen,
Sei ewig meine größte Pflicht.
Der Herr hat mein noch nie vergessen;
Vergiß, mein Herz, auch seiner nicht!"
Wer noch niemals den Eindruck einer einfachen, ergreifenden Melodie an sich erfahren hat, der kann es auch nicht begreifen, welche Macht sie auf ein vorbereitetes Menschenherz auszuüben vermag. Und das Herz der Bürgermeisterin war vorbereitet. Was die Predigt nicht vermocht hatte, das erwirkte diese Melodie. Sie schlich sich in die Seele der angstvollen Frau ein, stimmte sie ruhig und schmeichelte ihr alle Bedenken hinweg. Und was die erste Strophe noch unbesiegt gelassen hatte, das zerschmolz unter den Klängen der zweiten:
"Und diesen Gott sollt ich nicht ehren
Und seine Güte nicht verstehn?
Er sollte rufen, ich nicht hören,
Den Weg, den er mir zeigt, nicht gehn?
Sein Will ist mir ins Herz geschrieben
Und bleibt mir in der Seele ruhn:
Wie er mich liebt, will ich auch lieben
Und meine Pflicht getreulich thun."
Es stand nun fest in ihr, nicht eher nach Steinegg zurück zu kehren, als bis sie sich ihrem Sohne zu erkennen gegeben habe. Als der Gottesdienst beendet war, saß sie so in Sinnen versunken da, daß sie gar nicht bemerkte, daß die Gemeindeglieder sich von ihren Sitzen erhoben, um die Kirche zu verlassen. (Der Weg zum Glück)[10]

Anmerkungen[Bearbeiten]

  1. Karl May: Blumen deutscher Kirchenlieder. [Motto und Abschluss] In: Karl Mays Werke, S. 199–201 (vgl. KMW-I.1.A-18, S. 38 f.).
  2. Karl May: Der verlorne Sohn. In: Karl Mays Werke, S. 23400–23402 (vgl. KMW-II.18, S. 2599–2601).
  3. Karl May: Blumen deutscher Kirchenlieder. In: Karl Mays Werke, S. 199 (vgl. KMW-I.1.A-18, S. 38).
  4. Karl May: Geographische Predigten. In: Karl Mays Werke, S. 217 (vgl. KMW-I.1.A-29:15, S. 117).
  5. Karl May: Die Liebe des Ulanen. In: Karl Mays Werke, S. 16822 f. (vgl. KMW-II.10, S. 882 f.).
  6. Karl May: Die Liebe des Ulanen. In: Karl Mays Werke, S. 16852 (vgl. KMW-II.10, S. 903).
  7. An dieser Stelle schließt sich an die drei Strophen des Gellert-Gedichts Der Kampf um die Tugend die von Bernhard Walther Marperger verfasste ergänzende Strophe an.
  8. Karl May: Der verlorne Sohn. In: Karl Mays Werke, S. 20762–20764 (vgl. KMW-II.15, S. 893 f.).
  9. Karl May: Der verlorne Sohn. In: Karl Mays Werke, S. 20920 f. (vgl. KMW-II.15, S. 992 f.).
  10. Karl May: Der Weg zum Glück. In: Karl Mays Werke, S. 31514 f. (vgl. KMW-II.28, S. 1151 f.).

Weblinks[Bearbeiten]