Baalbek

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Baalbek im Libanon

Baalbek (arabisch: بعلبك Baʿlbak) ist der Hauptort des gleichnamigen Disktrikts des Gouvernorats Baalbek-Hermel im Libanon.
Die Stadt liegt in der Bekaa-Ebene zwischen den Gebirgszügen des Libanon und des Antilibanon und hat rund 80.000 Einwohner. Sie liegt 65 Kilometer ostnordöstlich der Hauptstadt Beirut und 10 Kilometer von der syrischen Grenze entfernt.

Historisch belegt ist Baalbek etwa seit der Zeitenwende im Zusammenhang mit der römischen Kolonie Heliopolis (nicht zu verwechseln mit Heliopolis in Ägypten), die 15 v. Chr. gegründet wurde. Aus der römischen Zeit stammen die großen Tempelanlagen von Baalbek mit dem größten Einzeltempel des Römischen Reichs. Das antike Baalbek ist inzwischen eine Ruinenstadt. Ein Teil der Ruinen sowie andere Funde zeigen, dass die Stadt viele Jahrhunderte oder gar Jahrtausende älter ist als geschichtlich belegt.

Gegen Ende des siebzehnten Jahrhunderts erwachte das abendländische Interesse an den antiken Ruinenstätten, unter denen Baalbek einen herausragenden Platz einnahm. Seitdem, vor allem aber das ganze neunzehnte Jahrhundert über, wurde die Stadt von zahlreichen Reisenden besucht und ausführlich in Büchern beschrieben, so dass ihr Name in Westeuropa einem weiten Publikum bekannt war.

Baalbek und Karl May[Bearbeiten]

Baalbek
im Werk Karl Mays
Weltkarte1911.jpg

Von Bagdad nach Stambul
Reisetagebücher

Baalbek ist einer der wichtigeren Handlungsorte im „Orientzyklus“. Kara Ben Nemsi und Halef erreichen ihn, nachdem sie über zwei Tage lang zusammen mit Jacub Afarah und den Dienern Sir David Lindsays, Bill und Fred von Damaskus aus Abrahim Mamur verfolgt haben, der Jacub Afarah Juwelen von großem Wert gestohlen hat. Unterwegs haben sie erfahren, dass es sich bei dem Engländer, dem Abrahim Mamur sich als Dolmetscher verdingt hat, um den bei Bagdad aus den Augen verlorenen und totgeglaubten Sir David Lindsay handelt.
In Baalbek finden sie zunächst Lindsay, der Abrahim Mamur bereits als Verbrecher durchschaut und ihm die gestohlenen Juwelen abgenommen hat. In den unterirdischen Gängen der Ruinen trifft Kara Ben Nemsi kurz darauf auch auf Abrahim Mamur, der ihn aber niederschlagen und gefangennehmen kann. Zwar kann Kara Ben Nemsi sich befreien, aber nicht verhindern, dass Abrahim Mamur die Juwelen erneut stiehlt und mit ihnen flüchtet. Dadurch geht die Verfolgung weiter bis zum Hafen von Tripolis, wo ihnen Abrahim Mamur mit dem Schiff vorerst entkommt.

Während seiner großen Orientreise 1899/1900 besuchte Karl May Anfang Juni (Pfingsten) 1900 diese Gegend.

„Meine Beschreibung in Bd. 3 trifft das Richtige.“[1]

Er wohnt (gemeinsam mit seiner Frau Emma und dem Ehepaar Plöhn) im Hotel „Viktoria“.

Mays Beschreibung[Bearbeiten]

Riesenhafter Kalksteinblock im Steinbruch bei Baalbek (um 1880)
Jupitertempel, dessen Fundament drei der vier größten je verbauten Steine der Welt enthält
...als sich die Vorhöhen des Antilibanon, hinter denen wir ritten und welche uns immer wieder die Aussicht verdeckten, endlich öffneten, sahen wir das berühmte Thal von Baalbeck vor uns liegen. Die großartigen Massen dieser Ruinen nahmen einen weiten Flächenraum ein, und es gibt wohl kaum eine zweite Ruinenstadt, deren Überreste einen so gewaltigen Eindruck machen, wie diese Mauer- und Gebäudereste.
Gleich beim Eintritte in das Trümmerfeld erblickten wir seitwärts einen Steinbruch, in welchem ein Kalksteinblock von riesenhafter Größe lag. Er hatte gegen dreißig Ellen Länge, sieben Ellen Breite und eine gleiche Dicke. Solche Blöcke bildeten das Material zu den Riesenbauten von Baalbeck. Ein einziger von ihnen hat ein Gewicht von sicher dreißigtausend Centnern. Wie konnten bei der Art der damaligen mechanischen und technischen Hülfsmittel solche Massen dirigirt und bewältigt werden? Das ist ein Räthsel.
Die hiesigen Tempelbauten waren einst dem Baal oder Moloch geweiht; diejenigen, deren Überreste heut noch vorhanden sind, haben ohne allen Zweifel einen römischen Ursprung. Man weiß ja, daß Antonius Pius dem Sonnengotte Zeus hier einen Tempel errichtet habe, der ein Weltwunder gewesen sei. Es scheint, als seien in dem größeren der beiden Tempel die syrischen Götter, in dem kleineren aber nur Baal-Jupiter verehrt worden.
Um diesen Tempel zu errichten, baute man zunächst ein Fundament, welches um fünfzehn Ellen die Erde überragte; darauf kamen drei Schichten jener Riesenblöcke, deren Gewicht soeben angegeben wurde, und dann erst auf ihnen ruhten die kolossalen Säulen, welche die mächtigen Architrave trugen. Die sechs übrig gebliebenen Säulen des einstigen Sonnentempels haben eine Höhe von siebenzig Fuß und am Piedestal einen Durchmesser von sechs Fuß. Der kleine Tempel war 800 Fuß lang und 400 Fuß breit und zählte vierzig Säulen.
Auch die Stadt Baalbeck an und für sich war im Alterthum bedeutend, da sie auf dem Wege von Palmyra nach Sidon lag. Abu Abeïda, der gegen die Christen von Damaskus so menschlich gesinnte Mitkämpe Chalid's, eroberte auch Baalbeck. Man machte aus der Akropolis eine Citadelle, und aus dem Materiale der zerstörten Tempel errichtete man Befestigungsmauern. Später kamen die Mongolen, dann die Tataren, und was diese übrig ließen, wurde im Jahre 1170 durch ein Erdbeben verwüstet. Was noch vorhanden ist, gewährt eine sehr schwache Idee von der einstigen Pracht und Herrlichkeit.
Jetzt liegt auf der Stätte der alten Sonnenstadt ein elendes Dorf, welches von fanatischen und diebischen Mutawileh-Arabern bewohnt wird, und die Soldaten der Garnison, die hier liegt, tragen besten Falls nur dazu bei, die Gegend noch unsicherer zu machen.[2]

Anhand dieser Beschreibung kann man gut die Arbeitsweise Karl Mays studieren. Da er die Angewohnheit hat, die von ihm herangezogenen Texte nur wenig zu verändern, kann man leicht zwei Quellen identifizieren: den dreizehnten Band von Friedrich HeinzelmannsDie Weltkunde in einer planmäßig geordneten Rundschau der wichtigsten neueren Land- und Seereisen.[3] und Amand von Schweiger-LerchenfeldsDer Orient“.[4] Diese Werke befinden sich in Karl Mays Bibliothek.

Das Material zu den ersten drei Sätzen hat er bei Heinzelmann gefunden:

Hatten wir eine Anhöhe, einen Hügel umritten, so schob sich wieder eine andere Kuppe vor, uns die Aussicht raubend. Endlich öffnete sich ein Thal, aus welchem uns Bâlbeck, das alte Heliopolis, mit seinen berühmten Ruinen entgegen leuchtet. Weit ausgedehnt liegen die großartigen Massen umher. In einem benachbarten Steinbruch sieht man einen nicht ganz aus dem dichten Kalkfels abgelösten Steinblock von riesenhafter Größe. [...] Aus solchen oder wenig kleineren Werkstücken bestehen die Umfassungsmauern des gewaltigen Sonnentempels.[5]

Aber auch Heinzelmann beschreibt eine fiktive Reise, die er aus mehreren authentischen Berichten zusammengesetzt hat. Der allem zugrundeliegende Text stammt aus dem Tagebucheintrag von Freitag, 23. Mai 1851 bei Eduard Wilhelm Schulz:

Hat man eine Höhe erreicht, und meint, nun müsse man Baalbek sehen, dann erhebt sich vor einem wieder eine andere, die Aussicht wegnehmende Höhe. Hat man die Ecke eines Hügels umritten, und glaubt am Ziele zu sein, dann schiebt sich wieder ein anderer Hügel vor. […] Endlich, endlich liegt Baalbek in einem Thale vor uns, und die prachtvollen Ruinen des Sonnentempels, wie weit um ihn auf den Feldern zerstreute Trümmer der alten Stadt, leuchten uns entgegen.[6]

Der Rest der May’schen Beschreibung Baalbeks stützt sich auf von Schweiger-Lerchenfeld:

Beide Denkmäler rühren übrigens aus römischer Zeit her und nur die wahrhaft grandiosen Cyklopenmauern im Westen der Tempelgruppe sind unanfechtbares syrisches Product. Es sind Blöcke von erstaunlichen Dimensionen, drei Lagen übereinander, jeder Block durchschnittlich sechszig Fuß lang, vierzehn Fuß hoch und ebenso dick. Die Mauer ruht auf einem Fundament, das dreißig Fuß hoch aufragt. Wie diese gigantischen Blöcke, die größten, die man auf der Erde kennt, von denen jeder durchschnittlich dreißigtausend Centner wiegt, auf solche Höhe emporgehoben und überhaupt hierher geschleppt wurden, wird wohl für immer ein Räthsel bleiben. Das Merkwürdige hierbei ist, daß ein solcher Block noch im unfertigen Zustand ein einem Steinbruche bei Baalbek vorhanden ist, und zwar von noch größeren Dimensionen als jene drei bereits zur Verwendung gelangten.
Wie die Cyklopenmauer zeigen auch die noch aufrecht stehenden sechs Säulen des großen Tempels wahrhaft kolossale Formen. Sie haben an der Basis einen Durchmesser von acht Fuß und sind (ohne sich zu verjüngen) über siebzig Fuß hoch. Sie tragen noch das ursprüngliche Architrav […]
Beide Tempel sind unzweifelhaft römischen Ursprunges. Eine Nachricht aus dem VII. Jahrhundert u. Z. bezeugt, daß Antonius Pius (um150) zu Heliopolis dem Jupiter einen Tempel errichtet habe, der ein Weltwunder war. Es hat sonach den Anschein, daß der größere Tempel allen (syrischen) Göttern, der kleinere aber nur dem Baal-Jupiter geweiht war. Uebrigens war auch Baalbek selbst eine bedeutende, auf dem Wege von Palmyra nach Sidon gelegene Stadt, die ihre Blüthenepoche durchgemacht hatte. Unter das arabische Kalifat brachte sie Abu Obeida, bekanntlich einer der Eroberer von Damascus. Nun ward aus der Akropolis eine Citadelle und die beiden Tempel mußten das Material zu Verstärkungen an den Mauern liefern. Auch die Seldschuken benützten den festen Platz als militärischen Stützpunkt und in der nächsten Zeit wurde noch vielfach im Bereiche der Akropolis gekämpft. Die erste gründliche Zerstörung besorgten die Mongolen, die zweite die Tataren. Die Barbaren würden indeß den gewaltigen Bauten nie erheblichen Schaden beizubringen vermocht haben, wenn im Laufe der Zeit starke Erderschütterungen nicht wesentlich dazu beigetragen haben würden, den Zusammensturz zu beschleunigen....Was geblieben ist, giebt ein schwaches Bild von der einstigen Herrlichkeit. Die Stadt aber ist spurlos verschwunden. Das elende Dorf von heute beherbergt fanatische Metualis (Mutawilehs) […]
[7]

Die beiden Texte ähneln sich stark; aus ihrem Vergleich wird aber auch deutlich, dass May sich ernsthaft mit seinen Quellen auseinandergesetzt hat. Zum einen hat er die Information, dass es sich bei Abu Obeide um den „gegen die Christen von Damaskus so menschlich gesinnte Mitkämpen Chalids“ handelte, bei von Schweiger-Lerchenfeld an einer ganz anderen Stelle gefunden.[8] Er muss also das Werk aufmerksam gelesen haben.

Vor allem aber fällt auf, dass von Schweiger-Lerchenfeld von den „gigantischen Blöcken“ nur schreibt, dass die Umfassungsmauer aus ihnen gefertigt sei; May schreibt jedoch von den Fundamenten der Tempel. Hierbei handelt es sich weder um Phantasie noch um einen Irrtum, sondern er kann sich dabei auf Joseph Russegger stützen,[9] dessen Werk er ebenfalls besessen und ausgiebig verwendet hat.[10]

Die kleineren Retuschen an den von May herangezogenen Texten lassen dagegen, wie schon an anderer Stelle,[11] geringere Sorgfalt erkennen. So hat er die in Fuß angegebenen Maße in Ellen umgerechnet, indem er zwei Fuß für eine Elle angesetzt hat. Das wäre für die ihm vertrauten sächsischen Maße, bei denen ein Fuß 28,32 cm und eine Elle 56,64 cm entsprach, richtig gewesen, aber nicht für die Wiener Maße, die Russegger und von Schweiger-Lerchenfeld verwendet haben.
Auch, indem er die Maße, die von Schweiger-Lerchenfeld für die verbauten Steinblöcke angibt, als diejenigen des unfertigen Blocks im Steinbruch nennt, obwohl letzterer größer war, deutet darauf hin, dass May in einigen Details keinen Wert auf die Übereinstimmung seiner Schilderung mit der Realität gelegt hat; und die Tatsache, dass er die Beschreibung der Bauweise der Umfassungsmauern für die Bauweise der Tempelfundamente verwendet hat, musste kundigen Lesern ins Auge springen.

Anmerkungen[Bearbeiten]

  1. Reisetagebuch, zitiert nach: In fernen Zonen, S. 191.
  2. Karl May: Von Bagdad nach Stambul Verlag Friedrich Ernst Fehsenfeld, Freiburg 1892, S. 407-408.
  3. Heinzelmann, Friedrich und Heinzelmann, Wilhelm: Die Weltkunde in einer planmäßig geordneten Rundschau der wichtigsten neueren Land- und Seereisen. Dreizehnter Band. Friedrich Fleischer, Leipzig 1854.
    Inventar-Nr. KM0826 in Karl Mays Bibliothek.
  4. von Schweiger-Lerchenfeld, Amand: Der Orient A. Hartleben, Wien / Pest / Leipzig 1882.
    Inventar-Nr. KM0472 in Karl Mays Bibliothek.
  5. Heinzelmann, S. 182-183
  6. Schulz, Eduard Wilhelm Reise in das gelobte Land Zweite Auflage, F. H. Nieten, Mühlheim an der Ruhr 1853, S. 297.
  7. von Schweiger-Lerchenfeld, Amand, S. 523-524.
  8. von Schweiger-Lerchenfeld, Amand, S. 511.
  9. Russegger, Joseph: Reisen in Europa, Asien und Afrika. Erster Band. Zweiter Theil E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung, Stuttgart 1843, S. 702.
    Inventar-Nr. KM0491[b] in Karl Mays Bibliothek.
  10. Siehe Artikel Kubbet en Nassr, Dümar, Sebdani, Schijit und Sorheïr
  11. Siehe Artikel Es Suk, Sebdani oder Dschead

Literatur[Bearbeiten]

  • Theodor Wiegand: Baalbek. Ergebnisse der Ausgrabungen und Untersuchungen in den Jahren 1898 bis 1905. 3 Bd. de Gruyter, Berlin 1921 ff.
  • Nina Jidejian: Baalbek – Heliopolis – City of the sun. Dar el Machreq Publishers. Beirut 1975 (enthält d. 1921 veröffentl. Originalgraf. des Ausgrabungsber. von Theodor Wiegand), Reprint 1998. ISBN 2721458841
  • Ekkehard Bartsch/Hans Wollschläger: Karl Mays Orientreise 1899/1900. In: In fernen Zonen, Karl-May-Verlag 1999.
  • Margarete van Ess: Heliopolis – Baalbek 1898-1998 – Forschen in Ruinen. Ausstellung in Baalbek-Libanon zur Erinnerung an den Besuch Kaiser Wilhelms II. am 11. November 1898. DAI – Orientabt., Direction Générale des Antiquités du Liban. Das Arab. Buch, Berlin 2001. ISBN 3860933094
  • Hartmut Schmidt: „Es gab nur das eine Einkehrhaus in Baalbek…“. Karl Mays Auf­ent­halt in Baal­bek. In: Karl May & Co. Nr. 167, 2022.

Weblinks[Bearbeiten]